Welche Innsbrucker Gasthäuser lehnten es einst ab, Kaiser Maximilian samt Gefolge einzulassen? Wo wurde in der Stadt Bier gebraut? Gab es im Mittelalter eigentlich schon eine Gasthaus-Sperrstunde? Und: was war ein Wanzenrabatt? Fragen über Fragen. Die Antworten darauf gab’s bei einem hochinteressanten ‚Stadtspaziergang‘ mit dem Titel: ‚Gast.Häuser.Altstadttour‘.

„Stadtarchiv findet Stadt“ ist eine Idee, die sich schon nach den ersten Spaziergängen als Volltreffer erweist. Das neue Angebot des Innsbrucker Stadtarchivs bietet ‚Reisen in die städtische Vergangenheit Innsbrucks‘ an. Die kleinen, äußerst interessanten Ausflüge führen dann zu „Orten, die Geschichte mach(t)en“.

„Gast.Häuser.Altstadttour“ nannte sich eine dieser Exkursion in die Geschichte Innsbrucks, der ich mich kürzlich gemeinsam mit 23 weiteren an der Stadtgeschichte interessierten Menschen angeschlossen habe. Keine Frage: Das Thema „Gasthäuser“ hatte mich schon als Student in Innsbruck heftigst interessiert. Allerdings weniger aus historischen Gründen, das muss ich zugeben. Aber die historischen Zusammenhänge konnte ich ja jetzt nachholen.

Was mich immer schon interessierte:  Wo standen eigentlich im Innsbrucker Stadtzentrum die ersten Gasthäuser und wie hießen sie? Wo und in welchen Beisln wurde schon im Mittelalter ausgiebig gezecht? Und: gab’s damals schon so etwas ähnliches wie heute die Hotels?

Die ‚Goldene Rose‘ war Innsbrucks erstes Wirtshaus

Gasthof Goldene Rose, Innsbruck

Von der Goldenen Rose ist das Schild übrig geblieben

Immerhin ist es bereits 700 Jahre her, dass ein erstes Gasthaus in Innsbruck urkundlich erwähnt worden ist. Um genau zu sein: es war 1329, als ein „Wirtshaus am Schrofen“ in einem Schriftstück genannt wurde. Daraus erwuchs später die „Goldene Rose“. Und vorher? Da gab’s keine Gasthäuser im engeren Sinn. Kirchlich geführte Pilgerhospize und Pflegehäuser waren die einzigen Möglichkeiten, für kurze Zeit unterzukommen. Ein solches Gebäude, nämlich ein Pilgerhospiz von damals existiert noch heute: das Leuthaus des Stiftes Wilten, wo die Wiltener Sängerknaben untergebracht sind.

Auch bei den Brauereien haperte es gewaltig. Nur in den Klöstern frönte man der Kunst, aus Wasser, Hopfen und Malz ein stärkendes, und mit Absicht auch berauschendes Getränk zu brauen. Man gönnte sich in den nüchternen Klosterzellen ja sonst nichts. Das änderte sich im 16. Jahrhundert dann aber schlagartig.

Das Leuthaus des Stiftes in Wilten war einst ein Pilgerhospiz.

 

Verschiedene Kategorien von Gasthäusern im Mittelalter

Damals entstanden die sogenannten Schildwirtshäuser, die Baumwirte, die Zapfen- und Buchenwirte. Schildwirte deshalb, weil sie ein Schild vor ihr Haus hängen durften. Sie waren berechtigt, Gäste zu beherbergen sowie Speisen und Getränke anzubieten. Baumwirte waren berechtigt, auf der Hausmauer einen Baum aufzumalen. Sie durften aber nur Speisen und Getränke verkaufen, nicht aber Gäste beherbergen. Die unterste Kategorie der mittelalterlichen Wirtshäuser bildeten die Zapfen und Buchenwirte. Spelunken, die Wein und Most ausschenken durften. Lustig ist der Umstand, dass Speisen generell nur kalt ausgegeben werden durften. Von Salmonellen war damals offenbar noch nicht die Rede. Die Gäste waren aber berechtigt, diese Speisen selbst auf einem Ofen zu wärmen, sofern einer in der guten Stube vorhanden und beheizt war.

Gasthof Koreth, Mühlau

Das Gasthaus Koreth in der Mühlau war einst ein nobles ‚Schildgasthaus‘

 

„Einmal in der Woche sind die Gläser mit Wasser zu spülen“

Der damalige Hygienestandard? Verheerend. Hygiene war mehr oder minder unbekannt, bis die Tiroler Landesfürstin Claudia de Medici Anfang des 17. Jahrhunderts verordnete, dass die Gläser „mindestens einmal wöchentlich gewaschen werden müssen“. Wenigstes etwas und damals scheinbar ein wahrer Fortschritt. Andere Regeln für die Wirtsleute waren da wesentlich happiger und wären heute kaum mehr vorstellbar. Denn die Preise in den Wirtshäusern wurden vom Stadtrat fixiert. Eine Preisliste musste gut sichtbar im Schankraum angeschlagen werden. Wenn nicht, konnte der Wirt sogar ins Gefängnis wandern, das sich in Innsbruck im Stadtturm befunden hatte. Und, was man nicht für möglich halten würde: die allgemeine Sperrstunde war damals schon um 21 Uhr. Spätestens da war aus mit lustig.

Wanzenrabatt für gehabte Leiden

Mangelnde Hygiene zeichnete nicht nur die Schankräume der Gasthäuser aus. Krabbelige und beißlustige Gesellen wie Laus, Floh, Milbe und Wanze feierten in den Schlafräumen mittelalterlicher Schildgasthäuser fröhliche Urständ. Was die Wanzen anlangte kannte man damals keinen Pardon. Ein Gast, der belegen konnte, in einem der Betten eine Wanze gefunden zu haben, diese tötete und vorzeigte,  durfte mit einem Preisnachlass rechnen. Er konnte bisweilen sogar in einem völligen Nachlass der Nächtigungskosten gipfeln. Ein Wanzenrabatt quasi. Grund genug für findige Köpfe, immer einige tote Wanzen mitzuführen und solcherart die Nächtigungskosten beträchtlich zu senken.

Lokalverbot für einen Kaiser

Gasthaus Goldener Adler

Das stolze Schild des Goldenen Adler in der Innsbrucker Altstadt

Die Schildwirtshäuser wurden im Innsbruck des 16. Jahrhunderts immer exklusiver. Kein Wunder, spülten doch die  Übernachtungen von Handels- und Geschäftsreisenden Geld in die Kassen. Die Wirte selbst waren meist angesehen und bekleideten immer öfter auch öffentliche Ämter. Das beste Beispiel sind der Goldene Adler und die Goldene Rose in der Altstadt, in denen Kaiser Maximilian mit seinem Gefolge des öfteren ausgiebig gezecht hatte. Bisweilen konnte der Habsburger aus Geldmangel einfach nicht bezahlen und blieb die Zeche für sich und seine Entourage ganz einfach schuldig. Was sich kurz vor seinem Tode rächen sollte. Denn dem Kaiser wurde der Zutritt zu den beiden Wirtshäusern verwehrt, weil er seine offenen Schulden noch nicht bezahlt hatte. Was den Kaiser, so die Legende, derart in Rage versetzte, dass er abreiste und prompt am 12. Januar 1519 in Wels aus „Ärger“, wie der Volksmund vermutete, verstarb.

 

Von den damaligen berühmten Schildwirtshäusern existieren heute noch einige. Zum Beispiel der Bierwirt in Amras oder das Gasthaus Koreth in der Mühlau. Der Goldene Adler in der Innsbrucker Altstadt gehörte ebenso dazu wie das Weiße Kreuz. Vom ältesten Innsbrucker Gasthaus, von der „Goldenen Rose“ verblieb nicht mehr als das wunderschöne, schmiedeeiserne Schild aus dem Jahre 1678.

Schlossbrauerei Büchsenhausen

Eine der ersten Brauereien außerhalb verschwiegener Klostermauern entstand auf Schloss Büchsenhausen im Jahre 1642. Kein geringerer als Wilhelm Biener, der nachmalige ‚Kanzler von Tirol’, (er wurde später zum Opfer einer tödlichen politischen Intrige),  eröffnete den Brauerei-Reigen. Aber schon 1676 ging der legendäre Wirt der ‚Goldene Rose‘ namens De Lama daran, sich ein Biermonopol zu zimmern. Seine Gier trieb ihn zu weit, denn sein Bier erwies sich in den Folgejahren als „grausig und teuer“, worauf er sein Monopol auch schon wieder los war. 1714 warf dann ein Braumeister in der damaligen Schankwirtschaft Löwenhaus am Rennweg den Braukessel an.

Der erste Reiseführer erschien 1828

Innsbrucks Grand-Hotels

Den Tourismus, wie wir ihn heute kennen, gab es damals noch nicht. Aber die ersten Bildungsreisenden machten sich auf den Weg. 1828 erschien der erst Reiseführer über Innsbruck, in dem vorerst noch vor allem Kirchen, Klöster und Kapellen vorgestellt wurden. Der Bau der Eisenbahn zwischen Kufstein und Innsbruck 1858, der Brennerstrecke 1867 und der Fertigstellung der Verbindung nach Wien 1875 brachte dann einen enormen Schub an Touristen. Es war die Geburtsstunde Tirols als wild-romantisches Ferienziel. Grand-Hotels, wie das Hotel d’Autriche, das heutige Rathaus in der Maria-Theresienstraße oder die Grand-Hotels Tyrol und Europa am Bahnhof waren eindrucksvolle Zeugen des aufkommenden Tourismus.

Innsbrucks erstes Kaffeehaus

Kaffeehäuser gab es lange nicht, denn das Getränk aus gerösteten Bohnen wurde ursprünglich in Apotheken verabreicht. Bis 1758 eine gewisse Frau Innerhofer den ersten Kaffee außerhalb einer Apotheke ausschenken durfte. 1860 ist dann verbürgt, dass das Moll’sche Kaffeehaus eröffnete, ihm folgten die heute noch existierenden Cafés Katzung und Munding, die sich aus Konditoreien heraus entwickelten.

Café Munding

Das Café Munding, eines der ältesten Kaffeehäuser Innsbrucks.

 

Das Gasthaus Fechtlwirt – eine Legende

Eines der letzten legendären Gasthäuser Innsbrucks schloss bereits 1978: der legendäre Fechtlwirt am Marktgraben. Weshalb das erwähnenswert ist? Weil dieses Gasthaus im mehrerer Hinsicht legendär war. Vor allem aber ob seines „Fechtlaufzuges“. Das war eine selbst gebastelte Vorrichtung, die es auch bereits zitternden Alkoholtrinkern erlaubte, das Glas unfallfrei zum Mund zu führen. Ein Glas wurde an einer Schnur befestigt und wurde in die rechte Hand genommen. Die Schnur wurde dann ähnlich einer Halskette hinter dem Kopf herumgeführt und mit der linken Hand gehalten. Zog der Trinker an der Schnur, konnte das Glas mühelos, ganz ohne Zittern und somit in gefülltem Zustand zum Mund geführt werden.

Fechtlwirt Innsbruck

Eine Kartenrunde beim Fechtlwirt wurde im Gästebuch verewigt.

Das noch erhaltene Gästebuch des Fechtlwirtes, in den Jahren zwischen 1933 und 1938 geführt, gibt einen unmittelbaren Einblick in die einstige Gasthaus-Kultur Innsbrucks. Es vermittelt eine mehr oder weniger familiäre Stimmung, die unter den Gästen geherrscht hatte. Die Zeichnungen belegen, dass unter den Gästen auch überaus talentierte Maler zu finden waren.

Heute sind Gasthäuser nicht mehr jene Institutionen, wie es zum Beispiel der Fechtlwirt gewesen ist. Mit Stammtischen, Gästebüchern und spezieller Kost. Ein Verlust, der sicher auch der modernen Zeit geschuldet ist.

 

Weitere Stadtspaziergänge 2018

Straßen.Bahnen.Remisenmuseum am 22. April 2018

Seil.Bahnen.Stationsbegehung am 24. Juni 2018

Berg.Bau.Stollenwanderung am 23. September 2018

Flug.Hafen.Airporteinblick am 19. Oktober 2018

Krieg.Ende.Neubeginn am 25. November 2018

Achtung: Teilnahme nur nach Voranmeldung im Stadtarchiv. Nähere Details zu diesen Stadtspaziergängen finden Sie hier.

Ähnliche Artikel