Innsbrucks Theaterbühnen
Unter „Brettern, die die Welt bedeuten“ versteht man in Innsbruck, der Hauptstadt der Alpen, grundsätzlich eines: nämlich Skier. – Was sonst?, könnte man meinen. – Tatsächlich gibt es neben den Wintersportgeräten mindestens ebenso bedeutsame Bühnenbretter. Und davon finden sich in Innsbruck mehr, als sich auf den ersten Blick vermuten ließe! Ich habe mir einige der kleinen Theaterbühnen angeschaut.
Neben dem großen Tiroler Landestheater mag ich die kleinen Theaterbühnen sehr, ja fast noch lieber. Weil man, nicht nur durch die Größe des Theaterraumes (oder eben durch deren Abwesenheit) bedingt, näher dran ist am Stück, an den Darstellern, am Bühnenerlebnis. Noch interessanter wird es, wenn man die Leute auf oder hinter der Bühne persönlich kennt …
Der Theaterbogen oder besser: das BogenTheater
Die Innsbrucker Bogenmeile entlang der Ing.-Etzel-Straße ist als Partyzone berühmt-berüchtigt, doch genauso vielseitig. Neben Clubs und Bars haben sich unter den Viadukten außerdem Architekturbüros, Radwerkstätten und diverse Läden angesiedelt – in deren Mitte auch eine Theaterbühne: das BogenTheater.
Hier habe ich seit 2011 ein unglaublich buntes Programm erleben und einen Teil der stetig wachsenden BogenTheater-Familie kennenlernen dürfen. Stephanie Larcher-Senn, Obfrau und (eine von vielen) gute Seele des BogenTheaters, erzählt mir viele interessante Details. Besonders beeindruckend ist für mich die Tatsache, dass (fast) alles hier von den Vereinsmitgliedern selbst zusammengeschraubt, gemauert, ausgemalt und gebastelt worden ist! Neben Proben- und Bühnenarbeit ist sehr viel Aufwand und Energie in diese Umbauaktionen geflossen. Dabei spürt man bei allen, die hier vor oder hinter den Kulissen mit dabei sind, vor allem eines deutlich: Leidenschaft für dieses Theater. In jeder Hinsicht.
Dieser Einsatz hat mir und vielen anderen tolle und unvergessliche Theaterabende beschert: einige meiner schönsten Erinnerungen sind Ephraim Kishons „Es war die Lerche“ (vergleichbare Bauchschmerzen vor lauter Lachen hatte ich seitdem nie wieder), Felix Mitterers (sehr berührendes) „Mein Ungeheuer“, ein weiteres 2-Personen-Stück „Norway today“ (ergreifend), (ein besonders toll inszeniertes) „Die zwölf Geschworenen“, ein (doppelt lustiges) „Mordstheater“ und der (tragisch-komische) „Gott des Gemetzels“.
Stephie hat bei vielen dieser Stücke auf der Bühne oder als Regisseurin mitgewirkt. Zuletzt hat sie sogar mit Benjamin Nicolussi Castellan ein eigenes Werk verfasst und mit 2mal 10 Darstellern auf die Bühne gebracht (Doppelbesetzung): „Willkommen in meinem Kopf“ – aktuell, aber nur noch wenige Male zu sehen! Vor diesem außerordentlichen Mut und dieser Leistung kann ich nur den Hut ziehen!
Pro Saison von Oktober bis Juni werden sechs (!) Eigenproduktionen gezeigt, darunter auch ein Stück des hauseigenen Kindertheaters. Außerdem steht der Bogen für Gastauftritte anderer Theatervereine, Kabarettisten und Künstler zur Verfügung.
Es lohnt sich in jedem Fall, das Programm im Auge zu behalten! Da die Plätze eher begrenzt sind, ist eine Reservierung empfehlenswert, Premierenbuffets mit Stephies Würstchen im Schlafrock sind übrigens legendär.
Aktuell: Woody Allens „Central Park West“ und „Willkommen in meinem Kopf“ von Benjamin Nicolussi Castellan und Stephanie Larcher-Senn, ab 23. Mai Uli Brées „Amaretto“, Weiteres auf www.bogentheater.at
Spannende Kultur im Keller: das Innsbrucker Kellertheater
Das Innsbrucker Kellertheater liegt, wie der Name schon sagt, in einem Keller etwas versteckt und über einen Innenhof am Adolf-Pichler-Platz erreichbar. Auch hier gibt es ein buntes und vielfältiges Programm, in der Regel wird an 200 Tagen im Jahr gespielt (!) – und das seit mehr als 30 Jahren. Der langgezogene Kellerraum mit der Bühne am Ende bietet Platz für 75 Zuschauer und die Holzbestuhlung ist kultig, Beinfreiheit nicht unbedingt inklusive. Bei freier Platzwahl erfolgt die Stuhlreservierung charmanterweise mit Post-Its. Pausen zwischen den Akten im Innenhof sind besonders an lauen Sommerabenden schön.
Hier habe ich schon witzige Stücke wie „Die Grönholm-Methode“ oder „Muttersöhnchen“ gesehen, aber auch Arthur Schnitzlers großartigen „Reigen“. Für Mai und bis Mitte Juni kann ich die toll gespielte Komödie „Die Wahrheit“ (hinter dem Glitzervorhang) wärmstens empfehlen. Das Kellertheater hat (zu Recht) einen ausgezeichneten Ruf und eine entsprechend große Fangemeinde, daher unbedingt rechtzeitig Karten reservieren.
Aktuell: Florian Zellers „Die Wahrheit“, Weiteres auf www.kellertheater.at
Im Westen viel Neues: das Westbahntheater
Schon seit langem habe ich das Westbahntheater vom Hörensagen her gekannt, richtig für mich entdeckt habe ich es aber erst vor kurzem. Es liegt im Gewerbegebiet hinter dem Innsbrucker Westbahnhof – eine Gegend, in die es mich eher selten verschlägt, die aber auch ihren Charme hat. Vor allem aber ein großartiges Theater!
Hier habe ich ein besonderes Stück, nämlich – für mich – eine der phänomenalsten Geschichten der letzten Jahre sehen dürfen: „Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand“. Das Buch dazu habe ich verschlungen und hätte mich jemand gefragt, ob ich mir eine Verfilmung oder die Geschichte auf einer Theaterbühne vorstellen könnte, wäre die Antwort auf beide Fragen „nein“ gewesen. Inzwischen ist die Geschichte aber verfilmt worden. Wer Buch oder Film kennt, weiß in etwa, wie komplex die Abenteuer und vor allem die Rückblenden des Hundertjährigen sind, eine Theaterfassung dazu war für mich daher schlichtweg unvorstellbar. Das Westbahntheater hat diese unmögliche Aufgabe nicht nur gemeistert, sondern fantastisch und mit relativ einfachen Mitteln umgesetzt. Bühnenbild, mehrere Rollen je Schauspieler und großer Erfindungsreichtum haben für mich und ein ausgebuchtes Haus einen großartigen Theaterabend geschaffen.
Im Vorraum des Westbahntheaters hängt eine riesengroße Tafel mit den Produktionen der letzten Jahre und die Liste ist beeindruckend lang, darunter sind viele Stücke als „Deutsche Erstaufführung“ oder „Uraufführung“ vermerkt.
Aktuell: ab 23. Mai Eva Holzmairs „Lapislazuli“ (Uraufführung!), Weiteres auf www.westbahntheater.at
Und noch viel mehr …
Dieser Artikel bietet nur einen kleinen Einblick in die Theaterwelt der Hauptstadt der Alpen. Es gibt jedoch noch viele weitere Bühnen in Innsbruck, die einen Besuch wert sind. Dazu zählen in jedem Fall das Freie Theater in der Wilhelm-Greil-Straße und innStanz in der Richard-Berger-Straße. Ein Highlight im Sommer sind die Innsbrucker Ritterspiele – Der schurkische Kuno im Kulturgasthaus Bierstindl. Außerdem sind ganz wunderbare Produktionen des Staatstheaters oder des Feinripp Ensembles immer wieder im Treibhaus zu Gast.
Suchhilfe für einen schönen Theaterabend in Innsbruck: eventsuche.com
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Tiroler Madl, Grafikerin, Bloggerin und Fremdenführerin mit vielseitigen Interessen und Schwäche für nette Menschen, Kultur, Sternenhimmel, noch ein Bier und Berge.
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