27. Februar 2021
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Die Temperaturanzeige im Auto zeigt -8°C. Im Tal liegt Schnee. Strahlender Sonnenschein. Hmm… Sportklettern? Meine Skepsis ist groß, die Erwartungen gering. Wie sollen sich meine Finger bei diesen Temperaturen am Fels halten? Wie quetsche ich meine Zehen überhaupt in den viel zu engen Kletterschuh? Vor allem kann die Wand doch niemals trocken sein?! Meine Meinung in den letzten Jahren war ganz klar: Der Winter ist zum Skifahren da, der Sommer zum Klettern. Tja, wie so oft, wurden meine Prinzipien wieder einmal über den Haufen geworfen!

SCHNEESTAPFEN IM ZUSTIEG

An diesem kalten Jänner-Tag war es zugegebenermaßen schon ein wenig hoch gepokert, trockenen Fels zu finden. Vom Parkplatz beim Roten Kreuz in Zirl stapften wir im teilweise knietiefen Schnee auf dem Wanderweg Richtung Klettergebiet Grottenwegwand. “Wenigstens waren wir dann ein wenig Spazieren”, waren meine wenig hoffnungsvollen Gedanken. An der Wand angekommen, staunte ich nicht schlecht. Trockener Fels! Der gute alte (allseits beliebte) Südföhn machte es möglich – und so kletterten wir an diesem kalten Wintertag einige der wunderschönen Touren in dem Gebiet.
Ein paar Tage später starteten wir den nächsten Versuch. Eine regenreiche Periode hatte schon den meisten Schnee im Tal weggeputzt und die ungewöhnlich hohen Temperaturen ermöglichten uns das Klettern im T-Shirt.

DIE ZUTATEN ZUM WINTERKLETTERN

Die Martinswand befindet sich an einer perfekten Position, um das Klettern im Winter zu ermöglichen. Südseitig, talnah und dem Wind stets ausgesetzt. Eine weitere Voraussetzung für trockenen Fels im Winter ist meist auch, ob die Wand durch nasse Wälder oder Grünflächen von oben Feuchtigkeit abbekommen könnte. Risse und sehr flache Platten sind auch länger nass als steile Wandkletterei – Überhänge halten oft sogar Regen stand. Auch wenn der Wind für ein schnelles Trocknen vom Fels sorgt, so ist er am Klettertag leider extrem unangenehm und sorgt meist für eisig kalte Gliedmaßen. Im Idealfall steht auch der Sicherungspartner stets in der Sonne und nicht im schattigen Wald. An einem windstillen, sehr sonnigen Tag darf es auch mal ein paar Minusgrade haben.

EXTRA-EQUIPMENT IM WINTER

Lasst euch nicht von diesen Bildern eines außergewöhnlich warmen Wintertages täuschen – beim Sportklettern gehört die dicke Daunenjacke zur Standardausrüstung (das T-Shirt eher selten)! Zum Sichern empfehlen sich auch Handschuhe und warme Socken. In den Pausen freust du dich mit ziemlicher Sicherheit über ein heißes Getränk – ob mit oder ohne Koffeingehalt ist Geschmackssache, empfehlenswert ist aber ersteres! 😉

DIE BESTEN WINTERKLETTERGEBIETE RUND UM INNSBRUCK

Grottenwegwand: Nach dem circa 30-minütigen Zustieg ab dem Roten Kreuz Parkplatz in Zirl erreicht man das Klettergebiet mit einigen mittelschweren Touren von 5c bis 6c+. Um die Ecke, weiter Richtung Kaiser-Max-Grotte, kommen noch ein paar schwere Längen von 7b+ bis 8c.

Dschungelbuch: Direkt neben der Landstraße von Innsbruck nach Zirl befindet sich das wohl legendärste Klettergebiet Innsbrucks (und darüber hinaus). Hier wurde Sportklettergeschichte geschrieben. Hardmover und Feintechniker kommen auf ihre Kosten – die meisten Touren befinden sich im 7. und 8. Franzosengrad, im Sektor “Wunderbare Welt” gibt es auch einige sehr schöne 6er. Die Touren im Dschungel sind eher hart bewertet (persönliche Einschätzung), dafür sehr abwechslungsreich und lohnend.

Galerie: Nach circa 30 Minuten Zustieg über einen kleinen Wanderweg ausgehend vom Parkplatz des AV-Klettergartens erreicht man eine Leiter, die über die Zuggleise auf ein Plateau führt. Direkt über den Gleisen befindet sich das Klettergebiet mit 58 Routen, die meisten davon im 6. Franzosengrad mit Längen von bis zu 32 Meter. Ergo: Super Fels, tolle Aussicht und viel Sonne!

 

Fotos: Mario Käppeli, Titelbild: Lena Koller

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