15. Dezember 2017
Originalsprache des Artikels: Deutsch

Gamer-Fachmann Nikolaus Staudacher hat den Spielraum Tirol in Innsbruck gegründet – die erste Zocker-Zentrale der Stadt, in der Eltern ihre Kinder beruhigt abgeben können. Das digitale Spiel bekommt hier Raum; verantwortungsvoll, altersgerecht und unter Gleichgesinnten.

Flash.Back!

Als ich um 16:00 Uhr in den Spielraum komme, ist´s noch leer. Ein Typ mit Mütze und Kopfhörern ist in ein Autorennspiel vertieft. Überall stehen Bildschirme und Spiel-Konsolen. Ein kleiner Flashback in die 80er-Jahre mit Nintendo und Super Mario Bros klopft an: Mein Kinderzimmer, der Geruch von Fanta, Erdnusslocken und die Melodie von Super Mario sind plötzlich wieder da. Nach der Schule bin ich vor meinem Röhrenfernseher mit Nintendo-Konsole in meiner Spielwelt versunken; manchmal haben wir zu zweit gezockt. „Das ist heute anders! Kids spielen lieber zusammen“, erklärt mir Nikolaus und serviert mir einen Kaffee. Mein skeptischer Blick streift den Autorennfahrer. „Der ist eher ein Einzelgänger“, lacht Nik. „Schau dir die da hinten mal an!“ Auf der Couch vor einem riesengroßen Bildschirm sitzen drei Jungs nebeneinander und hauen sich ab. Auch sie spielen Autorennen, aber gemeinsam. „Wir hatten heute Musterung und sind noch in den Spielraum gekommen“, meint Benjamin aus Vorarlberg, der seine zwei Freunde in Innsbruck besucht. „Zocker treffen sich bewusst zum Spielen – es ist Lachen, Jubeln und Kommunikation“, sagt Nik. Ganz traue ich der Sache noch nicht, werde aber bald eines Besseren belehrt.

 

Spielraum Tirol

Der Autorennfahrer ist beim Spiel ganz in seiner Welt. Foto: Vil Joda.

Spielraum Tirol

In der Gruppe sieht ein Autorennspiel ganz anders aus. Foto: Vil Joda.

Die Maschine als Schiedsrichter

Das Interessante am Gamen oder Zocken ist eine stark verbindende, unantastbare Tatsache: „Die Maschine wird zum Schiedsrichter, der verschiedene Ethnien, Altersgruppen und Schichten verbindet,“ erklärt Nik: Streit gab es noch nie, Alkohol trinkt kaum jemand, das Durchschnittsalter ist 21 Jahre, der älteste Zocker ist über 60. Hier spielen Menschen aus aller Welt, auch im Urlaub: „Hotels fragen immer wieder bei mir an und buchen den Spielraum für Gruppen.“ Eltern geben ihre Kids außerdem gerne dort ab und haben so ein wenig Zeit für sich und die Stadt; das Mindestalter dafür ist zwölf Jahre.

Escape Room Boom

Neben über 400 Computer-Spielen des Spielraumes ist der Escape Room (Rätselraum) „Dr. Healers rätselhaftes Labor“ die eigentliche Attraktion, ein Boom seit circa drei Jahren. Ein Team aus zwei bis fünf Spielern muss dabei eine knifflige Aufgabe bewältigen. Das Rätsel ist gelöst, wenn ein Wirkstoff gefunden wird, der die Menschheit rettet. „Spieler müssen entdecken, untersuchen, ausprobieren, denken, kombinieren und dürfen niemals aufgeben“, erklärt Nik. Auch die Escape-Room-Community ist groß geworden und viele Urlauber besuchen bewusst Rätselräume auf ihren Reisen. „Erst kürzlich hat den Rätselraum eine Gruppe aus Berlin gebucht, ich hatte aber auch Gäste aus Australien, der Ukraine, den USA und Großbritannien.“

Spielraum Tirol

Wer das Rätsel im Escaperoom im Spielraum nicht löst, wird zum Zombie. Foto: Vil Joda.

Was zur Hölle ist Pen-&-Paper?

Die Tür geht auf und zwei Jungs kommen herein. Sie setzen sich, legen einen Stapel Bücher über Dungeons and Dragons auf den Tisch und unterhalten sich über Charaktereigenschaften der Protagonisten im Spiel. Ich hebe meine Augenbraue. „Das ist ein Pen-&-Paper-Rollenspiel“, grinst Nikolaus und ein Gefühl schleicht sich von hinten an: das Alt- und Fremdsein-Gefühl. Neugierig setze ich mich zu David und Tim. In ihren Büchern werden Zwerge, Orks, Zauberer und Elfen beschrieben, Charaktere, in welche die Spieler schlüpfen: Die einen lügen, die anderen dürfen nur die Wahrheit sagen. Andere sind aggressiv, sanftmütig oder gar verführerisch. Pen-&-Paper macht Spaß und ist eine ganz eigene Erfahrung“, schwärmt David. „Man ist frei und kann kreativ sein.“ Ich will wissen, ob er Freiheit sucht. „Freiheit ist nie schlecht“, antwortet er. Ein junges Mädchen und noch zwei Jungs kommen herein, es wird voller. Einer davon ganz in Schwarz, im Ledermantel und mit Schnallenschuhen – eine sympathisch schräge Gesellschaft, in der ich mich sofort wohl fühle. Nik und ich sind 15 Jahre älter als die Boys and Girls. „Aber sie sehen mich als einen von ihnen“, betont Nik. Auch ich darf mich dazugesellen und keinen interessierst, dass ich alter Vil Joda im weißen Hemd etwas schicker antanze.

Spielraum Tirol

Nik ist immer für seine Spieler da – als junger Alter gehört er genau deshalb zu ihnen. Foto: Vil Joda.

Spielraum Tirol

Die gesellige Runde von Dungeons and Dragons hat mich und Nik gleich aufgenommen. Foto: Vil Joda.

Spielraum Tirol

Nik zeigt einem Gamer die VR-Brille. Foto: Vil Joda.

Er selbst ist ein Profi (gewesen)

Nik gehört nicht zufällig zu ihnen. Er ist ein Zocker mit einer intensiv bewegten Spieler-Vergangenheit, die seinem Vater so gar nicht geschmeckt hat. Auch meine Eltern hatten Bedenken und die Wurzel schlechter Schulnoten war immer meine Nintendo-Konsole. Ich war nie wirklich gut im Gamen; durchgespielt habe ich nie etwas – ganz anders Nik: Er war österreichischer Staatsmeister im Snowboard-Spiel „Amped“ und bei „Top-Spin“ Platz 10 der Weltrangliste unter 40.000 Spielern, heute sind es Millionen Zocker. Vor mir sitzt ein Idealist, ein Spieler-Enthusiast, ein Profi, der Kids, Jugendlichen und Alten einen Raum fürs digitale Spiel bietet. In den Spielraum kommen Leute, die ihre Leidenschaft teilen möchten. Hier entstehen Begegnungen und Freundschaften; viele lernen sich erst im Spielraum kennen. Zocken ist eine Sphäre der Gesellschaft, die ich seit meiner Kindheit verlassen habe, welche ich mit dem Spielraum Tirol nach 20 Jahren wieder betreten durfte. Danke Nikolaus, danke Spielraum!

 

Tipp:

  • Safehaven – West Marches Tirol
    Pen-&-Paper-Fans dürfen jetzt durchknallen: Die Facebook-Gruppe Safehaven – West Marches Tirol widmet sich Dungeons and Dragons. Wer also Teil einer Pen-&-Paper-Community werden will, möge gleich eine Beitrittsanfrage stellen. Weitere Details gibt es hier: www.safehaven.tirol
  • Gutschein für den Escape Room
    Für den Rätselraum von Dr. Healer gibt es Gutscheine, vielleicht ein originelles Geschenk zu Weihnachten oder für einen Team-Building-Event.

Der Spielraum Tirol:

  • Knapp 1.000 Mitglieder aus 127 Gemeinden
  • 25 Spielplätze mit Xbox One, Playstation 4, Playstation VR, WiiU und Retrokonsolen
  • 400 Spiele aus den unterschiedlichsten Genres
  • Café mit Getränken, Snacks und Brettspielen
  • Altersgrenzen und Nutzungsregeln können von Erziehungsberechtigten definiert werden
  • Abwechslungsreiches Event- und Turnierprogramm mit Tiroler Meisterschaften
  • Workshops für Eltern, Pädagogen und Spielende
  • Spielen ab 12 Jahren nach Abklärung mit Erziehungsberechtigten
  • Mitgliedschaft um € 10/Jahr (inkl. 2,5 Stunden Spielzeit)
  • Preis: € 4/Stunde mit minutengenauer Abrechnung

Rätselraum/EscapeRoom – Das rätselhafte Labor von Dr. Healer

  • 60 knifflige Minuten für 2-5 Spieler
  • Beliebt für Geburtstags- und Firmenfeiern (Teambuilding)
  • Reservierung unter: www.raetselraum.at
  • Preis: € 75 bis 85,- pro Team (je nach Personenanzahl)

 

Koordinaten

Spielraum GmbH
Nikolaus Staudacher
Leopoldstraße 31
A-6020 Innsbruck
T. +43 (0) 650/4101979
M. info@spielraum.tirol
F. www.facebook.com/spielraum.tirol

Spielraum Tirol

Für den Spielraum Tirol wurde Nik mit dem Eduard-Wallnöfer-Preis ausgezeichnet. Er war fast zu bescheiden, mir die Urkunde zu zeigen. Foto: Vil Joda.

Ähnliche Artikel