Nach fünf Jahren war es in Telfs wieder soweit: das Schleicherlaufen – Höhepunkt der hiesigen Fasnachtsfeierlichkeiten – versetzte Telfs in Ausnahmezustand. Ein sehenswertes Spektakel!
Die Fasnacht hat in Telfs eine sehr lange Tradition. Erstmals erwähnt wurde sie 1571, später auch in einem Gerichtsurteil über eine Rauferei während der Fasnacht im Jahr 1612. 1830 wurde erstmals das Schleicherlaufen ausführlich erwähnt. Nach vielen Verboten und Versuchen dem Treiben Einhalt zu gebieten, hat sich die Telfer Fasnacht um die Jahrhundertwende 1900 wieder durchgesetzt.
Der langen Tradition folgten am 2. Februar rund 15.000 begeisterte Zuschauer nach Telfs. Schließlich gibt’s das große Schleicherlaufen nur alle fünf Jahre zu sehen. Das Telfer Fasnachtsbrauchtum zählt übrigens seit 2010 zum immateriellen Kulturerbe der UNESCO.
Ablauf
Naz Ausgraben
Die Fasnacht in Telfs beginnt traditionell am Dreikönigstag mit dem Ausgraben des Naz. Die über 100 Jahre alte Puppe ist die Symbolfigur der Telfer Fasnacht. Sie symbolisiert ein Kind und gehört zu der Fasnachtgruppe der Laninger, mehr dazu später im Blog.
Sonne
Am Umzugstag wird bereits um 7:00 Uhr früh die Sonne durch den Ort getragen um für gutes Wetter für den Umzug zu bitten.
Ausstellung der Hüte und Vorbereitung
Ab 9:00 Uhr werden die Schleicher mit Pferdekutschen zum Maislbauer gefahren. Dort stellen sie ihre kunstvollen Hüte auf Tischen aus, damit Interessierte sie hautnah bestaunen können. Die Kopfbedeckungen sind wahre Kunstwerke, mit Liebe zum Detail gestaltet und stolz getragen. Die Teilnehmer des Fasnachtsumzuges bereiten sich derweil auf ihren Auftritt vor.
Fotografiermöglichkeit beim Maislbauer.
Beeindruckender Hut mit der Darstellung der Hohen Munde
Das Telfs Wappen auf einem Schleicherhut
Die Friedensglocke aus Mösern ist auf diesem Hut dargestellt.
Tiere findet man sehr häufig auf den Hüten der Schleicher.
Der Auskunft nach ist dies der älteste Hut der Telfer Schleicher.
Umzug
Um 11:00 Uhr beginnt der Umzug beim Maislbauer und führt vom Obermarkt zum Untermarkt mitten durch Telfs. An mehreren Plätzen bleiben die kostümierten Gruppen stehen und führen ihr Programm auf. Herolde führen den Umzug traditionellerweise an und eröffnen die Feierlichkeiten.
Die Herolde und Musibanda
Die Herolde eröffnen den Reigen.
Mit Fanfaren und Eröffnungstexten bringen die Herolde die Zuschauer in Stimmung.
Die Musibanda sorgten für Stimmung.
Die vier Jahreszeiten
Auf Pferden folgen die vier Jahreszeiten, begleitet von einem Reiter mit schwarz-weißem Gesicht.
Der Herbst
Die vier Jahreszeiten und dem Tag/Nacht Reiter.
Die Wilden
Die Wilden sind als nächste dran. Sie sind quasi die Platzmacher für das Highlight, die Schleicher. Die Männer aus dem Wald tragen Holzlarven (=Holzmasken) vor dem Gesicht und sind komplett in echtes Moos gehüllt. Sie führen einen Holzkarren mit mit einem Holzfass mit, in dem der sogenannte „Pånznåff“ sitzt. Er wirkt wie ein Clown, schlägt Tschinellen auf einander und zeigt den Zuschauern seine rote Zunge. Mir wurde erzählt dass sich manche sogar ihre Vorderzähne ziehen lassen um die Zunge noch weiter rausstrecken zu können.
Der Pånznåff zeigt jedem seine rote Zunge.
Die Waldmänner mit den beeindruckenden Kostümen aus echtem Moos
Die Wilden machen Platz für die Schleicher.
Die Schleicher
Nachdem die Wilden den Platz freigeräumt haben folgt der Einzug der Schleicher. Ihnen voraus der Laternenträger, hüpfend über den Platz, den Weg freimachend mit seiner Laterne.
Der Laternenträger räumt den Platz für die Schleicher.
Im großen Kreis tanzen die Schleicher mit einer kleinen Schrittfolge. Die auf dem Rücken befestigte Glocke ertönt bei ihren Schritten. Ein schwieriges Unterfangen mit dem schweren und großen Kopfschmuck. Zusätzlich tragen die Schleicher eine Stange mit Fahne und Brezen. Die Brezen werden ins Publikum geworfen. Wer sie fängt soll fünf Jahre lang Glück haben.
Im Inneren des Schleicherkreises steht der Wirt mit einem Glas Wein, der verschiedene Gäste ausruft und hochleben lässt. Zusätzlich findet man noch ein Tuxerpaar, Sennerpaar und den Goaßer der mit einem Alphorn den Takt für den Tanz vorgibt.
Die Bären und Exoten
Nach dem Abzug der Schleicher vom Spielplatz folgen die Bären und Exoten, die man schon von weitem hört. Affen die über den Platz rasen und Bananen ins Publikum werfen, Gorillas mit Rauchschwaden, ein Vogelstrauss und eine riesige Giraffe, ein waghalsiges Kostüm auf Stelzen. Weiters sieht man einen Elefanten und eine riesige Schildkröte. Akrobatische Einlagen wie Feuer spucken, Schwert schlucken und durch einen brennenden Reifen springen sind zu sehen, alles zu afrikanisch anmutenden Rhythmen, ein wahres Spektakel.
Die Affen werfen Bananen ins Publikum.
Gorilla in Rauch gehüllt
Eine Banane für Landeshauptmann Platter
Die Bären dürfen natürlich nicht fehlen.
Der Schwertschlucker sorgte für Entsetzen und Gänsehaut.
Die Laninger
Die Laninger stellen das fahrende Volk dar, dass man vor allem im Tiroler Oberland und im Südtiroler Vinschgau vorfinden konnte. Verschiedene Berufsgruppen werden mit den Kostümen dargestellt. Sie ziehen den traditionellen Dörcherkarren hinterher, der mit einer blauen Plane bedeckt ist. Und auf diesem Karren findet man den Naz wieder, die Symbolfigur der Telfer Fasnacht, die man zu Beginn der Fasnachtszeit ausgegraben hatte. Stets aufgelehnt gegen die Obrigkeit bietet ihr Programm auch viele lustige Elemente. Mit einem ganzen Bezirksgericht am Wagen werden etwa mehrere lustige Gerichtsverhandlungen abgehalten. Im Dörcherkarren der Laninger sitzt der Zonner der mit seiner blauen Zunge die Zuschauer verspottet. Ziemlich skurril.
Der Einzug der Laninger mit Musik
Der Naz, die Symbolfigur der Telfer Fasnacht. Während dieser Zeit ist er quasi Chef des Ortes.
Die Laninger mit ihrem Bezirksgericht-Wagen
Der Zonner verspottet mit seiner Zunge die Zuschauer aus dem Laninger-Wagen.
Die Vogler
Die Vogler sind auch ein traditioneller Wagen auf der Telfer Fasnacht und Fixpunkt beim Schleicherlaufen. Ihr Wagen ist geschmückt von einem überdimensionalen, drehbaren Kopf. Die Vogler sind der Telfer Männergesangsverein. Die Darbietungen werden alle gesungen vorgeführt – meist sind es satirische Lieder.
Der Wagen der Vogler mit dem Riesenkopf
Weitere Gruppen des Umzugs waren ’s Galtmahd, Bease Buam, Bachoufn, Kurpfuscher und Soafnsiader.
Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck und Landeshauptmann Günther Platter bekamen ein Ferkel überreicht
Trotz des Regens war es eine sehr gelungene, traditionelle und extrem unterhaltsame Veranstaltung. Die 15.000 anderen Zuschauer waren der Stimmung nach zu urteilen genauso begeistert wie ich.
Mehr Informationen zu den Telfer Fasnachtsbräuchen findet ihr auf der Webseite des Telfer Schleicherlaufens
Weitere Informationen über die Bräuche vor dem Umzug des Schleicherlaufens könnt ihr im Blogbeitrag meines Kollegen Werner Kräutler lesen.