Vom 25. bis 30.November 2021 traf sich der Davis Cup zur Finalrunde in Innsbruck.  Sechs Nationen kämpften in zwei Dreiergruppen um den Einzug ins Viertelfinale: in Gruppe C Frankreich, Großbritannien und Tschechien sowie in Gruppe F Serbien, Deutschland und Österreich. Die große Olympiahalle Innsbruck war perfekt gebrandet und bereit für wirklich großes Tennis.

Spitzensport vom Feinsten

Und dort lieferten die Akteure auf dem Greenset Spitzensport vom Feinsten: trotz Absenz an dichter Länderkampfatmosphäre. Denn Österreich ging kurz vor Beginn des Events in einen dringend notwendigen vierten Lockdown. Vor gut besuchten Rängen gingen nur die Spiele in Turin und Madrid in Szene. Andere Länder, andere Sitten.

Das ewige Duell

Das Los der Finalrunde wollte das Duell Österreich gegen Deutschland. Nach Absagen des rekonvaleszenten Dominik Thiem und dem vom neuen Davis-Cup Format nicht überzeugten Alexander Zverev war Deutschland dennoch der klare Favorit. Umso schwieriger gestaltete sich somit die Ausgangsposition für unsere Musketiere ohne Rückenwind der Fans. Zumal Team Österreich, nach einer knappen aber dennoch klaren Niederlage im ersten Spiel gegen Serbien, den "großen Bruder" Deutschland deutlich in die Schranken weisen hätte müssen.

Der Davis Cup Lichtblick

Österreich startete fulminant. Der talentierte, vielseitige und aggressiv agierende Jurij Rodionov war ein Lichtblick. Mit großartiger Strategie, kluger Taktik und Nervenstärke bei den Big Points ging er gegen Dominik Köpfer als strahlender Sieger vom Platz. Spätestens jetzt hätte die Halle durchgebebt. Somit lag der Hauch einer Sensation in der Luft. Doch leider konnten Dennis Novak gegen Jan-Lennard Struff und unser Doppel Oliver Marach, Philipp Oswald gegen Kevin Krawietz und Tim Pütz nicht reüssieren.

Sensationelle Doppel

Das neue Davis Cup Format wird unter Spielern, Betreuern und Fans kontrovers diskutiert. Jedenfalls wertet der aktuelle Modus die Doppel auf, weil dort Spitz auf Knopf oft die Länderkämpfe entschieden werden. Und das Starterfeld der Doppelpaarungen in Innsbruck war par excellence. Mit den Franzosen Nicolas Mahut und Pierre-Hugues Herbert kamen die Sieger der ATP Finals in Turin von dort direkt nach Innsbruck. Das britische Doppel glänzte mit der aktuellen Nummer drei der Welt, Joe Salisbury, und seinem Partner Neil Skupski. Und das deutsche Doppel hatte mit Kevin Krawietz und Tim Pütz auch zwei Asse in den Ärmeln. Auch das sogenannten Underdog-Team aus Tschechien konnte überraschen.

Der Superstar Novak Djokovic

Das Highlight aus sportlicher Sicht war die Präsenz des vielleicht besten Tennisspielers aller Zeiten, Novak Djokovic. Nach einer intensiven Saison mit knapp verpasstem Grand und Golden Slam führte er Team Serbien ins Viertel- und Halbfinale nach Madrid: dank unantastbaren Leistungen im Einzel. Aber auch bei seinem Auftritt im Doppel gegen Deutschland, das hauchdünn verloren ging, zeigte er Unglaubliches.

Imponierend an Novak Djokovic ist seine Beinarbeit. Mit Leichtigkeit schwebt er über den Platz und bleibt immer den berühmten Schritt schneller bereit als seine Kontrahenten. Somit kann er die meisten Ballwechsel aus idealer Feldposition dominieren. Und seine Effektivität aus der Defensive dank seiner unnachahmlichen Beweglichkeit ist ohnehin beispiellos. Zudem beherrscht er die Kunst des Returns wie kein Zweiter.

Dem wurden auch Aufschlaggranaten mit 220 km/h von Jan-Lennard Struff nicht Herr. Apropos Aufschlag: Djokovic produziert laufend effektive erste wie zweite Aufschläge. Sie landen auch in Drucksituationen präzise in den Ecken. Da kann man nur dasitzen und stauen.

Viertelfinal-Showdown

Nach der Gruppenphase kam es zum Viertelfinale zwischen England und Deutschland: auf dem Papier und auch auf dem Tenniscourt immer ein brisantes Duell. Deutschland erwischte einen katastrophalen Start. Peter Gojowczyk hatte einen rabenschwarzen Tag und blieb gegen den frei aufspielenden Briten Daniel Evans auf verlorenem Posten.

So musste Jan-Lennard Struff Deutschland mit einem Sieg gegen die Nummer zwölf der Welt und amtierenden Indian Wells Master 1000 Triumphator, Cameron Norrie, im Wettbewerb halten. Mit druckvollem Tennis von der Grundlinie und klugen Netzattacken behielt Struffi verdient die Oberhand.

Damit kam es, wie es kommen musste. Das Doppel entschied über den Aufstieg ins Viertelfinale. Die Paarungen Joe Salisbury und Neil Skupski gegen Kevin Krawietz und Tim Pütz versprachen einen echten Leckerbissen. Es folgte fast Punkt für Punkt Tennis vom Feinsten. Und wie Krawietz/Pütz das o:5 im Tiebreak des zweiten Satzen in ein 7:5 verwandelten, kann ich bis heute nicht begreifen. Jedenfalls zogen sie ihre Köpfe mit aggressiven Schlägen und aufeinander abgestimmten Stellungsspiel aus der Schlinge. Anschließend werden sie sich in Madrid bei den Halbfinals wiederfinden. Vor Zuschauern.

Game, Set and Ski

Auch abseits des Platzes konnte sich Novak Djokovic freuen. Von den beiden Gastgebern Tirol Werbung und Innsbruck Tourismus bekam die Nummer 1 der Tenniswelt zweierlei: einen einwöchigen Skiurlaub mit Skipässen in der Region Innsbruck für ihn und seine Familie inklusive eines Skitags mit unserem Olympiasieger Benjamin Raich. Zudem freute er sich über ein Paar für ihn maßgeschneiderte Skier mit seinem Logo aus der Innsbrucker Skimanufaktur Spurart.

Sehen wir uns 2022?

Der Davis Cup 2021 in Innsbruck ist Geschichte. Ich bin dafür, dass dieser Event auch nächstes Jahr wieder in der Sporthauptstadt der Alpen stattfindet: idealerweise, wenn möglich, mit Zuschauern und Side Events. Denn: Dass Innsbruck auch Tennis kann und eine große Fangemeinde beherbergt, bleibt unbestritten.

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