Manche Wanderwege eignen sich perfekt für den Frühling. Entweder liegen sie südseitig und sind schon früh im Jahr schneefrei oder sie bewegen sich in Talnähe. Wenn im Mai die Blumenwiesen die Wege säumen, kommt schnell ein verfrühtes – aber sehr schönes – Sommergefühl auf. Der Peter-Anich-Wanderweg von Oberperfuss nach Pfaffenhofen ist einer von ihnen. Der Weg führt stets leicht bergauf oder bergab über Wiesen und Wälder, vorbei an geschichtsträchtigen Bauernhöfen und schönen Aussichtspunkten.
Nur eins sollte man nicht: ihn unterschätzen. Wer vor hat, den gesamten Wanderweg zu gehen, dem stehen 21 Kilometer Wanderweg bevor. Und auch wenn es nur selten mal steil wird: insgesamt sind es dann doch rund 560 Höhenmeter bergauf und 750 Höhenmeter bergab. Kleine Abstecher noch ausgenommen. Es gibt aber eine einfache Lösung des Problems: Man kann ihn dank der guten öffentlichen Anbindung auch nur stückweise gehen. Meine Empfehlung wäre erst in Ranggen zu starten, denn dann erspart man sich das asphaltierte Stück entlang der Straße von Oberperfuss nach Ranggen. Den grandiosen Blick auf Ranggen könnte man ein anderes Mal, zum Beispiel bei einer Einkehr bei den Weiberleit (ein junges, kreatives und sehr gutes Restaurant, gut getarnt im ehemaligen Dorfcafe) genießen.
Namensgeber und Genie Peter Anich
Wer den Weg erst in Ranggen beginnt, verpasst allerdings Oberperfuss, den Geburtsort von Peter Anich, dem über die Grenzen Tirols bekannt gewordenen Bauernkartographen. Eine Bezeichnung, die heute wohl nicht mehr zeitgemäß ist – sie beschreibt aber recht gut etwas Besonderes: Peter Anich war ein einfacher Bauernjunge eines Drechslers. Aus enormen Eigeninteresse lernte er vom Pfarrer schreiben und lesen und entwickelte früh ein Interesse am Sternenhimmel. Sein Vater verbot ihm allerdings eine weitere Ausbildung. Erst als dieser starb, konnte Anich beim Jesuiten und Mathematikprofessor Ignaz Weinhart in Innsbruck in die Lehre gehen. Sonntags und Feiertags wanderte er dafür von Oberperfuss aus in die Stadt, um Privatunterricht zu bekommen.
Nun führt der Peter-Anich-Weg aber nicht von Oberperfuss nach Innsbruck, sondern in die andere Richtung. Vielleicht weil es einfach der schönere Weg ist? Wer weiß. Über die Person Peter Anich könnte man an dieser Stelle noch viel erzählen, soviel sei gesagt: In Oberperfuss steht das Anich & Blasius Museum und Werner hat hier am Blog bereits einen Einblick in die faszinierende Arbeit der beiden Tiroler gegeben, die ganz Tirol (damals beinhaltete das selbstverständlich noch Südtirol) nach 14 Jahren Messarbeiten auf einer Karte, dem Atlas Tyrolensis verewigten.
Nun wird aber gewandert.
Von Oberperfuss nach Ranggen
Die Anreise mit dem Bus hat den großen Vorteil, dass man später nicht wieder zum Ausgangsort zurück muss. Aus Innsbruck ist man bequem in circa 40 Minuten im Ort. Haltestellen-Möglichkeiten gibt es jetzt mehrere: Man kann beispielsweise schon an der Station „Raika“ aussteigen. Hier könnte man einen Abstecher zum Peter-Anich-Haus machen – aber aufgepasst: wird nur auf Anfrage in der lokalen Tourismus Information geöffnet (und hier auch die aktuellen Öffnungszeiten beachten!). Eine Station weiter „Oberperfuss Aigen“ wäre ideal, wenn man im Supermarkt noch etwas für die Wanderung besorgen möchte. Oder doch noch 1, 2 Stationen („Bergbahnen“ oder „Dickicht“) weiter zum einfach nur Loswandern. Im Anderlerhof Selbstbedienungs-Hofladen gibt es ebenfalls Köstlichkeiten für eine Jause: zum Beispiel die fertig verpackte Brettljausn. Messer, Brett und Brot am besten selbst mitnehmen! Oder einen Löffel fürs Joghurt.
Dann folgt man circa 50 Minuten der Straße nach Ranggen. Wer sich das sparen möchte, fängt mit der Wanderung erst in Ranggen an.
Von Ranggen geht es kurz bergauf, vorbei an der kleinen Viehscheid-Kapelle und wenig später ab in den Wald. Bald mischen sich zu den gelben EU-Wanderschildern auch schöne Holzttafeln mit eigenen Peter-Anich-Weg Wegweisern. Über den Ortsteil Ried geht es weiter zum Inzingberg, über den Ortsteil Eben und über das Mühltal nach Hof.
Besonders schön ist die kleine Brücke über das Mühltal. Hier stürzt der Enterbach aus dem Hundstal hinab in Richtung Inn. Ein guter Ort, um die Füsse kurz zu erfrischen und vielleicht sogar einen Blick auf den Wasserfall zu werfen, der im Frühling fröhlich vor sich hin rauscht.
Dann geht es oberhalb (!) der Tischlerei weiter in Richtung Hof. Wem ein seltsamer Baum mit rosa-grünen Blättern am Weg auffällt: Hier handelt sich um eine Nachahmung, denn das Original steht, wie mehrere Schilder in Kürze erklären werden, eindeutig in Hof! Mehr dazu gleich.
Themenweg Hof
Nun kreuzt der Wanderweg den Themenweg Hof, der zu wunderschönen Bauernhöfen führt. Gleich am Ortsanfang steht rechts der mächtige Erbhof Wanner. Wer ihn sich ohne Kinderspielplatz und Baustelle vorstellen kann, weiß, wie es wohl schon damals aussah als Kaiser Maximilians Hofmaler Jörg Kölderer zur Welt kam.
Naturdenkmal Schneeglöckchenbaum
Nun aber zum botanischen Highlight: dem Schneeglöckchen Baum. Klingt nicht nur zauberhaft, sieht auch wundervoll aus. Zwei Schilder erzählen mehr darüber wie der Baum nach Tirol kam. Einst wurde er von einem Missionar aus Asien mitgebracht und eingesetzt. Ich finde: sehenswert! Gerade im Mai, wenn noch Schneeglöckchenblüten am Baum hängen und die Blätter sich gerade verfärben.
Mein Tipp: Wer sich – wie ich – in den Baum (eigentlich ist es ein Strauch) verliebt hat: Einen eigenen Schneeglöckchenbaum bekommt man zum Beispiel in der Bio-Gärtnerei Seidemann in Völs.
Dann geht die Wanderung weiter. Man verlässt den Weiler, der mich unweigerlich an Bullerbü erinnert. Ab jetzt führt der Weg immer öfters über Forststraßen. Hie und da kommen einem Mountainbiker entgegen, die die höher gelegenen Almen besuchen. An einer Stelle muss sogar der Bach überquert werden, einige Steine liegen im Trockenen und so hüpft man von Stein zu Stein über das kühle Nass.
Kräuter sammeln beim Wandern
Kleiner Tipp am Wegesrand: An den vielen Bächen im Frühling lässt sich übrigens wunderbar wilde Bachkresse sammeln und auch Holunderblüten für Sirup wandern in meine Stofftasche! Gerade auf solchen sanften Wanderwegen lässt sich das Sammeln gut mit der Wanderung kombinieren.
Nach etlichen Fotopausen beschließe ich dann in Flaurling meine Wanderung nach 5 Stunden zu beenden. Weitere 1,5 bis 2 Stunden würden mich noch nach Pfaffenhofen führen, aber meine müden Beine sagen: lieber ein anderes Mal. Dann wird auch der Ansitz Ris und die Ruine Hörtenberg unter die Lupe genommen.
Das Beste am Peter-Anich-Weg ist, dass man diese Option im Prinzip öfters hat: Unten im Tal warten viele Busstationen darauf, müde Wanderer aufzufangen. Mit der VVT Smartride App sieht man auch, welche Verbindung einen am schnellsten wieder zurück bringt. Bei mir ist es der Bus zum Bahnhof in Pfaffenhofen und von dort der Regionalzug nach Innsbruck.
Am Rückweg zieht an meinem Fenster nochmal die Strecke vorbei, die ich in den letzten Stunden zu Fuß gemeistert habe. Ein perfekter Ausklang der Wanderung.
Tipps für den Peter-Anich-Weg
- Es gibt immer wieder Brunnen in den Dörfern am Weg, trotzdem sollte man genug Wasser und eine Jause mitnehmen
- Einkehrorte gibt es eher wenige (Ranggen am Anfang, Pfaffenhofen am Ende)
- Für Kinder geeignet, für Kinderwägen nur auf manchen Teilstücken
- Hier gibt es den GPX Track (Achtung bei Hattingberg, hier besser auf die Wanderschilder verlassen!)
- Besonders schön aufgrund der Blütenpracht im Frühling, aber außer bei Schnee und Eis eigentlich immer gut begehbar
An- und Abreise zum Wanderweg
- Anreise: mit dem Bus 4165 aus Innsbruck (Hauptbahnhof oder Finanzamt) bis Oberperfuss ODER mit der gleichen Linie (weniger Fahrten) bis Ranggen Kirche (Tipp: Dann auch einen Blick in die als schönste Sakristei Tirols ausgewiesene Kirche werfen!)
- Abreise: mit der Bahn von Telfs-Pfaffenhofen nach Innsbruck (20 Minuten)
- Verfrühte Abreise: mit dem Bus von Flaurling entweder nach Telfs oder Zirl und dann in die Bahn nach Innsbruck umsteigen
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Reisebloggerin & Buchautorin mit einem Faible für Wanderungen, wilde Kräuter und alpine Küche. #onlyinibk
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