Im Zentrum von Innsbruck gibt es viele zeitgenössische Kunstwerke, die in Parks, auf Straßen und Plätzen zu finden sind. Einige von ihnen habe ich in einem ersten Artikel für diesen Blog beschrieben. Und heute fahren wir fort und widmen unsere Aufmerksamkeit drei Künstlern, die mit ihren Werken den öffentlichen Raum prägen. Drei Bildhauer - Rudi Wach, Bruno Gironcoli und Lois Anvidalfrei - deren Werke sehr erkennbar und unterschiedlich sind, wie Sie sehen werden, die aber alle den Menschen und das Menschliche in den Mittelpunkt ihrer künstlerischen Forschung stellen
DER MINOTAURUS, ZWISCHEN HOCH UND TIEF
Rudi Wach ist gebürtiger Tiroler. Der 1934 geborene Künstler zog im Alter von 21 Jahren nach Mailand, wo er an der Akademie der Schönen Künste in Brera bei Marino Marini studierte und wo er noch heute lebt. Wir werden heute zwei Skulpturen dieses Künstlers sehen. Zwischen dem Hotel Penz und dem Seiteneingang der Rathaus Galerie "tanzt" ein knapp über zwei Meter hoher Minotaurus auf einem Sockel. Der Titel dieser Bronzeskulptur lautet Triumphierender. Ein Fuß steht fest auf dem Boden, die Hände und der Taurinkopf sind nach oben gerichtet. Die Oberfläche dieses Wesens ist uneben und pulsierend, die Form und die dynamische Pose sind sehr ausdrucksstark. Mythologische Themen sind ein Herzensanliegen der Künstlerin. In diesem Fall, im Minotaurus, verschmelzen zwei Seelen - oder kämpfen - eine tierische und eine menschliche. Aus einer Metapher, einer Dualität, die immer aktuell ist. Wie Rudi Wach selbst in diesem kurzen Video auf youtube sagt, ist meine Arbeit die Suche nach der menschlichen Seele" und meine Arbeit ist eine Hinterlegung menschlicher Energie durch Licht". Und man muss sich nur diese Skulptur ansehen, um seine Worte zu verstehen. Wachs Skulpturen sind sehr gut zu erkennen, und wenn Sie durch die Stadt spazieren gehen, werden Sie sicher mehrere seiner Werke auf den ersten Blick entdecken.
DAS KRUZIFIX AUF DER WIRTSHAUSBRÜCKE
Wir gehen zurInnbrücke in der Nähe des Marktplatzes. Auf der linken Seite der Brücke befindet sich ein bronzenes Kruzifix. Auch dies ist ein Werk von Rudi Wach, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht. Die Oberfläche ist poliert und die Formen sind sehr elegant und linear. Es handelt sich um ein Werk aus den 1980er Jahren, als die Zeichensprache des Künstlers eine andere war als in den letzten zwanzig Jahren. Die für diese Brücke entworfene Skulptur kam erst 2007 hierher, weil die Nacktheit des Christus am Kreuz Proteste auslöste und der Künstler sich für einen geschützteren Standort im Kreuzgang des Volkskunstmuseums in Innsbruck entschied. Abgesehen von diesen Nachrichten verleiht der Standort der Skulptur ihr noch mehr Kraft. Das Kruzifix mit seiner hieratischen und starken Ruhe hebt sich von der Landschaft ab - oder vielleicht könnte man sagen, dass es mit ihr in Dialog tritt. So nimmt der Hintergrund - je nach Blickwinkel der Betrachterin oder des Betrachters der Himmel, die Berge, das rauschende Wasser des Inns oder die bunten Häuserzeilen der Innstraße - an der Arbeit teil. Ich empfehle hier ein Erinnerungsfoto.
DIE LEGENDE VON ST. GEORGE IN EINER ZEITGENÖSSISCHEN SCHLÜSSEL
Wenn Sie die Maria-Theresienstraße in Richtung Triumphbogen gehen, finden Sie das Alte Landhaus in der Nummer 45. Gehen Sie durch die Tür - die normalerweise offen ist - und Sie befinden sich in einem Innenhof. Vor Ihnen liegt die St. Georgskapelle, ein Beispiel des Tiroler Barocks. An der Fassade fallen seit 2009 die Bronzen des Südtiroler Bildhauers Lois Anvidalfrei (geb. 1962) auf. Die vier Nischen sind fast wie kleine Bühnen, auf denen der Künstler vier Höhepunkte aus der Legende des Heiligen Georgs in einer zeitgenössischen Interpretation präsentiert.
WO IST DER DRACHE?
Auf der Fassade der Hoffnung spricht Lois Anvidalfrei über den Kampf zwischen Gut und Böse, sowohl als Kampf innerhalb des Menschen als auch ganz allgemein innerhalb der Gesellschaft. So findet man weder den Heiligen Georg (gut) noch den Drachen (böse), sondern einen Mann, der in den Abgrund zu stürzen scheint. Die Werke tragen die Titel Das Entsetzen über das Böse, Die Segnung, Das haltlose Böse, Die Bekehrung (gegen den Uhrzeigersinn, von links nach unten). Wir könnten die Titel - in der Hoffnung, die deutschen Titel nicht zu sehr zu verraten - übersetzen mit "Der Schrecken des Bösen", "Der Segen", "Das labile/unbeständige Böse", "Die Bekehrung". Wie Philippe Daverio auf der Website von Lois Anvidalfrei schreibt, um ihre künstlerische Forschung zu beschreiben: "Es ist der Mensch, der sich mit der Dimension der Natur und des Himmels misst. Es ist der Mensch, der sich an der Metaphysik des Göttlichen misst. Und dabei offenbart er seine eigene Dimension, die körperlich und pulsierend ist, lebendig und mehr leidend als leidend"
GIRONCOLI IM FERDINANDEUM
Vor dem Ferdinandeum in der Museumstraße 15 steht seit 2020 auf der linken Seite eine Skulptur von Bruno Gironcoli. Der österreichische Künstler wurde 1936 geboren und starb 2010, anders als sein Name vermuten lässt. Er erlangte internationale Anerkennung und vertrat Österreich 2003 auf der Kunstbiennale in Venedig. Er ist vor allem für seine Arbeit als Bildhauer bekannt, insbesondere für seine monumentalen Werke, wie das vor dem Ferdinandeum. Wenn man die Skulptur "Ohne Titel" genau betrachtet, erkennt man, dass es sich um eine Ansammlung von Formen, Gegenständen und kleinen menschlichen Körpern handelt. Alles wird durch die silberne Metallicfarbe und die glatte, polierte Oberfläche vereinheitlicht. Auf diese Weise sind die zusammengesetzten Elemente keine Einzelteile mehr, sondern Teile eines Ganzen, das (für mich) an eine imaginäre Maschine erinnert. Der Mensch stand im Mittelpunkt seiner künstlerischen Forschung, auch wenn er keine menschlichen Körper modellierte; ihn interessierte vor allem das Verhältnis des Menschen zur Technik und zur Natur. Und Gironcoli erforscht diese Beziehung, indem er dreidimensionale Kompositionen mit Formen und Objekten baut, die fast zu Fetischen werden, in einer Koexistenz von Harmonien und Disharmonien. In dem kurzen Video zu seiner Ausstellung 2019 in der Shirn Kunsthalle in Frankfurt können Sie eine Auswahl seiner Skulpturen sehen, um eine Vorstellung von seiner künstlerischen Sprache zu bekommen.
NÜTZLICHE INFORMATIONEN
oder wie man die oben genannten Skulpturen schnell findet
Rudi Wach, Triumphierender
Adolf-Pichler Platz bei Hausnummer 3 (zwischen Hotel Penz und dem Seiteneingang zur Rathaus Galerie)
Rudi Wach, Kruzifix
Innbrücke
Lois Anvidalfrei, Fassade der Hoffnung, in der Georgskapelle
Maria-Theresienstraße 45, Altes Landhaus, im Innenhof
Bruno Gironcoli, Ohne Titel
Museumstraße 15, auf dem Vorplatz des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum
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Eine bildende Künstlerin aus Mailand, die sich nicht nur mit Pinseln und Leinwänden beschäftigt, sondern auch gern über Kunst, Kultur, Musik, Design und Kreativität schreibt.
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