Die Kaiserliche Hofburg in Innsbruck ist ein Museum, eine historische Stätte, ein Stück Geschichte. Manchmal dient sie allerdings als Leinwand. Im Herbst 2018 wurde mit der Lightshow „Max 500“ zum ersten Mal die Fassade zum Leben erweckt. Diesen Winter darf man sich gleich doppelt freuen, denn „MAX 500“ bekommt mit der neuen Inszenierung „Mount Magic“ alpine Unterstützung. Ich habe mich gefragt, wie den nun das Licht zur Erzählung und Erzählung zur Lightshow wird und habe mich deshalb mit dem Lichtkunstkollektiv Lichttapete getroffen.
Vom Diaprojektor zum Digital Mapping
Gemeinsam mit Marcus Zobl, Johannes Menneweger, Neel Bellerby und Patrick Kong sitze ich im Café Sacher bei Wiener Melange und Earl Grey. In ungefähr 30 Minuten beginnt die Generalprobe der neuen Lightshow „Mount Magic“. Großteils ist das Kunstkollektiv aber noch recht entspannt. Marcus hatte die kreative Leitung für „Max 500“, Johannes für „Mount Magic“. „Unser Kernteam für die Produktionen entsteht schon seit den frühen 2000ern und wird bei den Produktionen durch Freelancer in vielen Bereichen unterstützt“, erklärt Marcus. Ein großes Team bestehend aus künstlerischen Köpfen mit allen Designtools, die dazu nötig sind, Soundengineers, Cuttern und vielen mehr sorgen schließlich für das Gesamtpaket.
Vom DJ-Pult zum Lichtkollektiv
Kennengelernt hat sich das Lichtkunstkollektiv über eine andere Form der Kunst: die Musik. In einem Wiener Club wurde aus der gemeinsamen Liebe zum DJ-ing und den dazugehörigen Projektionen die Grundlage für die Lichttapete. So enstand aus Johannes Menneweger, Marcus Zobl und Tim Schmelzer das ursprüngliche Kollektiv Lichttapete. „Da haben wir uns dann zusammengeschmissen und mit kleinen Projektionen bei Veranstaltungen und Festivals begonnen“, so Johannes. Das alles was noch vor den „digitalen Zeiten“. „Wir haben uns sozusagen als Dinosaurier kennengelernt“, lacht Marcus.
Digital Mapping war noch kein Begriff und die ersten Projektionen liefen noch über Diaprojektoren. „Der Schritt vom Analogen zum Digitalen hat für uns allerdings vieles vereinfacht. Natürlich hat auch das Bewegtbild seinen Anspruch. Da kann man immer ins Uferlose, unser Anspruch wird immer höher“, beschreibt Johannes die Entwicklung von der Fotografie zum virtuellen Bewegtbild. „Man musste sehr viel im Vorfeld beachten. Durch das Analoge haben wir gelernt, wie man mit Raum umgeht, mit Farben, mit Kontrasten. Das wirkt sich auch in digitalen Projektionen aus“, ergänzt Marcus.
Architektur als anspruchsvolle Leinwand
Das besondere an den Projektionen des Kollektivs war von Beginn an die räumliche Projektion mit einer Vielzahl von Projektoren. „Am Beginn war das Hauptziel oft die Veränderung oder Verschmelzung von Raum an sich, aber später sind wir dann auf Thematik und das Spielen mit der Architektur, mit speziellen Farben oder Ideen mehr eingegangen“, erklärt Marcus. Mit der Technologie hat sich auch das Profil verändert. Neue Technologien, neuer Sound, neue Visuals: Diese Entwicklung hat natürlich auch die Projekte der Lichttapete weiterentwickelt.
„Digital Mapping ist immer mehr im Kommen, es gibt Tutorials, es gibt Veranstaltungen und auch das Verständnis, was das ist und worum es da geht, entwickelt sich immer weiter“, erzählt Marcus. Johannes erklärt mir auch das Digital Mapping nicht gleich Mapping ist. „Wenn man 3D-Modelle baut für die Projektion… das ist für mich wirklich Mapping. Beamer nur zu verzerren und so eine Projektion zu kreieren, das ist dann nicht so detailliert auf den Raum abgestimmt“, erklärt Johannes. „Wir sind jetzt keine reinen Techniker, sondern wir wollen kreative Dinge umsetzen, die auch Emotionen in Menschen erzeugen.“, so definiert Marcus auch das Selbstverständnis des Kollektives als Künstler.
So entsteht die Lightshow
Die Vorgehensweise für jedes Projekt ist dabei sehr individuell. „Im ersten Jahr haben wir die Fassade der Hofburg gerastert, haben auch einen Probelauf für die Auftraggeber durchgeführt, um auch die technischen Rahmenbedingungen zu testen“, so Marcus, „aber zu 90 Prozent funktionieren die Sachen auch so, wie wir uns das im Vorfeld vorstellen. „Wir lieben schöne Gebäude und Fassaden. Alles hat seinen Reiz. Bierzelte sind vielleicht etwas schwieriger, bei der Hofburg freuen wir uns natürlich besonders, dass wir hier sind“, schmunzelt Johannes.
Die bestehende Architektur dient nicht nur als Projektionsfläche, sondern fließt auch in die Idee und das Digital Mapping mit ein. „Dieses Jahr bei Mount Magic haben wir zum Beispiel eine Wasserwelt, in der wir dann auch Gebäudeteile in Anlehnung an die Hofburg wieder aufgreifen. Wichtig ist hier immer die Gratwanderung zwischen der Idee, der Location und dem Digital Mapping, damit sich eine stimmige Produktion ergibt, “ so Marcus. “ Die Kombination von Architektur und den Bildwelten macht es besonders. Es macht das Ganze interessanter“, ergänzt Johannes.
Von der Idee zur Projektion
„Wir verwenden Tools, die jeder verwendet. Aber wir haben zusätzlich noch die Erfahrung, was gut funktioniert. Grafiker, die einen schönen Print machen, wissen zum Beispiel nicht, was auf einer Fassade funktioniert“, erklärt Patrick. „Projektion ist anders als ein Bildschirm. Ich habe keine klassischen Formate, sondern individuelle Fassaden“, so Neel. Die Projektion von solchen Lightshows erfordert viel Know-how und Erfahrung. Marcus geht noch näher auf die Besonderheiten so einer Lightshow-Produktion ein: „Prinzipiell verlieren wir durch die Projektion etwa 30 Prozent an Helligkeit und Kontrast. Bei uns ist also alles grundsätzlich viel knalliger, damit es gut ausschaut. Architektur hat auch Licht und Schatten, damit muss man auch umgehen. 3D-Designer gibt es wie Sand am Meer. Da ist es wichtig, ein Gespür für den Weg von der Idee zur Vollendung haben.“ Neben dem Visuellen spielt auch die Akustik eine große Rolle.
Für „Max 500“ war noch ein ganzes Jahr Vorlaufzeit. Bei „Mount Magic“ musste das Ganze dann etwas spontaner funktionieren. In knapp einem halben Jahr entstand „Mount Magic“ vom Storyboard bis zur Lightshow in der Hofburg. Der Inhalt war eine Herausforderung. „Da müssen wir uns natürlich auch mit dem Kunden abstimmen und genau besprechen, bis wir in die Produktion gehen können“, so Johannes. Auch die Zusammenarbeit entwickelt sich hier, wie Marcus erzählt: „Wir haben da auch schon dazugelernt bei diesen Briefings. Manche Dinge oder Themen passen halt nicht in die Storyline. Wir haben dazugelernt und dann manchmal „Nein“ gesagt. Die Idee zu Mount Magic haben wir in Anlehnung an die Nordkette kreiert. Natürlich unter dem Aspekt der Umsetzbarkeit.“
Kreativ von Kaiser bis Murmeltier
Character Animation – bei „Max 500“ mit dem Hofnarr, bei „Mount Magic“ mit dem Murmeltier – stellt eine der größten technischen und zeitlichen Herausforderungen dar. „Der Hintergrund zu den Geschichten ist von Projekt zu Projekt unterschiedlich. Die Offenheit der Auftraggeber und die Kreativität des Kollektivs ermöglichen außergewöhnliche Umsetzungen. Eine Spieluhr im Zaha Hadid-Stil zeigt zum Beispiel auch, das sich Tirol nicht als verstaubt, sondern auch als modern definiert“, erläutert Marcus. Die Inspiration für die Projekte ist vielfältig und gleichzeitig einzigartig. „Ob das in Museen mit Schiele oder hier die alpine Umgebung ist, ist sehr individuell. Es wird dann auch oft ein Remix der Vorlage“, beschreibt Neel. Auch im Bereich Tourismus ist das Kunstkollektiv international unterwegs, neben Innsbruck beispielsweise in Italien, Thailand, Japan, Wien, Argentinien oder im Orient. Einen kleinen Einblick in die Projekte von Lichttapete findest du hier.
„Wichtig ist, dass wir mit der Idee und dem Endprodukt zufrieden sein können. Ich wünsche mir, dass man Dinge sieht, die vorher unsichtbar sind. Dass sich Dinge in und durch die kreative Arbeit selbst entwickeln und dass es Spaß macht“, beschreibt Marcus die Vision hinter jedem Projekt.
Informationen zur Lightshow „Mount Magic“
Alle Infos zur Lightshow „Mount Magic“ findest du auf der dazugehörigen Website oder in diesem Folder. Mount Magic findet von 27.11.2019 bis 19.1. 2020 täglich (bis auf den 24.12.) um 17:30 sowie um 18:30 im Innenhof der Kaiserlichen Hofburg statt und dauert circa 20 Minuten. Im Anschluss hat man ebenfalls noch die Chance, die Lightshow „Max 500“ um 19:30 zu besuchen.
Die Tickets kosten für Erwachsene € 10, für Kinder von 6-16 Jahren € 4 und für die ganz Kleinen (unter 6 Jahren) ist der Eintritt frei. Für Schnäppchenjäger ist der Montag der ideale Tag, denn da zahlt man nur € 7 regulär. Gäste mit der Innsbruck Card genießen ebenfalls einmalig einen freien Eintritt zur Lightshow. Tickets gibt es täglich ab 16:00 Uhr an der Abendkassa vor dem Haus der Musik, bequem online oder in der Innsbruck Information (Burggraben 3, 6020 Innsbruck).
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PhD-Studentin am MCI (Tourismus) & an der Universität Innsbruck (Organisation & Lernen) mit einer Schwäche für Herbst-Wanderungen und "angezuckerte" Gipfel.
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