Dicke Schneeflocken hüllen die Landschaft wieder zunehmend in sanftes Weiß. Der Winter naht mit Riesenschritten. Meine „Brettln“ sind griffbereit. Beim Gedanken an flotte Schwünge und aufregende Abenteuer im Hinterland wird mir trotz der aufkommenden Kälte ganz warm ums Herz.
Zur Einstimmung auf die bevorstehenden Vergnügungen darf ich heute der Freeride Filmbase beiwohnen. Dort werde ich auch gleich zwei Weltmeisterinnen treffen! Bei der Freeride Filmbase handelt es sich um die jährliche Feier des Innsbrucker Freeridefilms. Sieben Kurzfilme heimischer Macher stehen diesmal am Programm.
Profis und Teams stammen aus Innsbruck und Umgebung – oder haben einen engen Bezug dazu. Dass Tirol oft Kulisse für solche Drehs ist, versteht sich. Die durchwegs spektakulär-schönen Aufnahmen entführen aber genauso nach Italien, Norwegen, Osteuropa und sogar nach Tadjikistan.
Locals auf der Bühne
Gezeigt werden sie auf der größten Leinwand des Metropol-Kinos. „Sie misst 17 Meter“, ließ mich Manfred Pascher bereits im Vorfeld wissen Er betont, wie wichtig es ihm ist, jungen, aufstrebenden Filmern sowie den Mitwirkenden „einmal im Jahr dieses Gefühl zu ermöglichen“. Das wird noch dadurch verstärkt, dass sich einige von ihnen live den Fragen des Publikums stellen.
Manfred ist gemeinsam mit Harry Putz sozusagen der Vater der Freeride Filmbase und ähnlich gelagerter Projekte. „Wir haben das Entstehen der Szene von Anfang an beobachtet. Es hat sich viel getan. Bei aller Bescheidenheit: Innsbruck hat sich zur Welthauptstadt des Freeridefilms entwickelt. Nirgendwo sonst werden so viele hochkarätige Freeridefilme produziert“, unterstreicht er „unsere“ Bedeutung.
„Kein Wunder“, denk ich mir. Es finden sich – ebenfalls bei aller Bescheidenheit – kaum sonst irgendwo so viele Areas um perfekte Lines in unverspurte Hänge zu ziehen, wie in und rund um die Freeride-City! Innsbruck hat sich diesen Beinamen wirklich redlich verdient.
Na, dann freue ich mich an diesem Freitagabend umso mehr auf einen sensationellen Wochenausklang! Die ersten Besucher strömen bereits in das Metropol-Kino. Am Ende werden in Saal 1 hunderte Wintersportbegeisterte Platz genommen haben.
Bevor der Vorhang aufgeht habe ich mich mit Nadine Wallner und Manuela Mandl verabredet. Sie sind zwei der absoluten Freeride-Aushängeschilder. Und megasympathisch! Beide sind längst an der Weltspitze angekommen, haben Weltmeistertitel & Co. in den Taschen. Als Stars der Szene und aktive Darstellerinnen sind sie heute logischerweise mittendrin, statt nur dabei.
Doppeltes Kraftpaket
Nadine Wallner ist die Hauptfigur in „Decisions“. Im zwölf Minuten-Streifen surft sie in fluffigem Powder und klettert eine höchst anspruchsvolle Route. Die (zeitweise) Wahl-Innsbruckerin hat neben dem Freeriden den Fels als zweite Leidenschaft für sich entdeckt.
„Es ist cool, wenn Leute von dem inspiriert sind, was ich mache. Ich lasse mich ja umgekehrt auch gerne inspirieren“, erklärt sie, warum sie relativ regelmäßig vor die Kamera tritt.
Letztlich gehe es ihr aber trotz allem darum, dass „ich da draußen sein kann und Zeit habe, meine Ideen und damit mich zu verwirklichen.“ Das tut Nadine übrigens besonders gerne in Innsbruck: „Die Community hier ist super motiviert. Man findet immer jemanden zum Blödsinn machen“, scherzt sie.
Von Good Vibes und dem speziellen Feeling
Genauso sieht das Manuela Mandl. Die Wienerin ist in der „Sporthauptstadt der Alpen“ sesshaft geworden. „Was ich an Innsbruck besonders schätze ist, dass man hier direkt vom Zentrum problemlos mit dem Bike oder den Öffis auf den Berg gelangt. Das ist pure Lebensqualität und gibt mir als Sportlerin sehr viel!“
Manuela genießt die Faszination Berg inklusive „Good Vibes“ also in vollen Zügen. Speziell beim Filme machen: „Das ist ganz was anderes, als ein Wettkampf. Du kannst dir dein Einsatzgebiet selbst aussuchen und wenn nötig mal etwas länger auf die idealen Bedingungen warten. Diese Freiheit macht total kreativ. Da ist es mir auch egal, wenn ich den selben Hang zehnmal hinauf stapfe, bis der Turn passt.“
Die 31-Jährige ist diesmal in zwei Filmen vertreten: Bei „Ruhe nach dem Sturm“ handelt es sich um eine gemeinschaftliche Aktion, die sie mit ihrer „Mountain Tribe“-Riding Crew umgesetzt hat. In „Through Darkness“ hat sie auch hinter der Kamera eine tragende Rolle eingenommen. „Ich war Regisseurin vor Ort und in die Post-Produktion involviert.“
Welche Botschaft sie vermitteln will? „In erster Linie möchte ich ein breites Publikum ansprechen. Dafür versuche ich, das Gefühl zu transportieren. Es geht um das Storytelling, nicht nur um die Action.“ Ihr Engagement geht deshalb sogar noch weiter. Manuela ist ebenso Mitorganisatorin der Veranstaltungsreihe Line Hunters, bei der sich die Newcomer-Szene von Filmemachern u. a. im Innsbrucker Leo Kino versammelt.
Drei Events unter einem Dach
Neben der (lokalen) Freeride Filmbase zählen Line Hunters und das Internationale Freeride Filmfestival zu den bedeutendsten Events der Freeridefilm-Art. Letztere beiden kommen freilich nicht ohne Tourstopp in der Freeride-City aus. Bisher liefen die Veranstaltungen parallel zueinander. Heuer entschied man sich erstmals für einem Zusammenschluss.
„Wir sind innerlich unabhängig, haben jetzt aber eine gemeinsame Bewerbungsplattform“, erklärt Manfred. Mit der Kooperation allein soll es allerdings nicht getan sein! Dieses Experiment könnte noch weiter führen, formuliert der 62-Jährige eine Vision: „Im besten Fall endet alles in einem großen Festival. In Bezug auf Freeridefilme wäre das dann eines der größten überhaupt.“
Geballte Ladung
Aktuell ist es jedenfalls so, dass binnen einer Woche unter dem Titel der Freeride Filmdays drei bildgewaltige Kinoabende zum Thema stattfinden. Insgesamt gibt es dabei gut 20 neue Werke zu bestaunen. Echtes Freeride-Feeling inklusive! Passend abgerundet wird die Filmserie von der Alpinmesse, bei der sich alles rund um den Outdoorsport dreht.
Bevor ich selbst wieder aktiv werde, lasse ich mich jetzt erstmal entspannt in den weichen Kinosessel sinken. Gedankliche Vorbereitung auf den Saisonstart ist angesagt! Nach einführenden Sicherheits-Tipps zu den keinesfalls zu unterschätzenden Off-Piste-Gefahren (!!) geht’s los.
Vorfreude!
Wahrlich filmreife Freeride-Träume erhellen diesen trüben Novembertag ungemein. Genauso wie der Umstand, dass auf die Theorie bald die Praxis folgen wird!
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Gerne draußen, "dahoam" am liebsten oben auf den Bergen. Vielseitig interessierter Schreiberling mit einem Faible für besondere Menschen und deren Geschichten, Sport und Natur.
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