50 Dinge, die ein Tiroler getan haben muss, beschreibt Werner Kräutler in seinem neu erschienenen Buch. Es kommt noch besser: Meist führt uns der Autor dabei an faszinierende Plätze weit abseits der gängigen „Touristenpisten“.
Von Schreiberling zu Schreiberling
Heute habe ich einen Spezialauftrag: Ich darf Werner interviewen. Werner ist ebenfalls Journalist und Blogger und verfasst unter anderen auch Beiträge für den Innsbruck Blog. Ein Kollege sozusagen.
Wir haben uns in Werner’s Lieblingscafé, dem Café Central in der Innsbrucker Innenstadt, verabredet. Schon während die freundliche Bedienung unsere Verlängerten (Kaffee) serviert, sprudelt es nur so aus dem 68-Jährigen heraus.
Von Innsbrucks Vergangenheit als Bergwerksstadt, der kleinen Schluchtenscheißer-Statue in der Altstadt und dem felsigen Hochaltar am Kultplatz Goldbichl in Igls erzählt er.
Gespannt höre ich zu. Werner verfügt über ein enormes Wissen. Das war wohl auch der Grund für den Styria-Verlag an ihn heranzutreten und ihn zu bitten, den Tiroler Teil der Serie „50 Dinge, die man getan haben muss“ zu verfassen.
Alternativen zum Mainstream
Wie einleitend versprochen, verlässt der umtriebige „Heimatforscher“ – das ist Werner in meinen Augen nämlich – dafür zumeist die ausgetretenen Touristenpfade. Er blickt quasi hinter die Kulissen des Landes. Privat tut er das übrigens genauso konsequent wie in seiner Rolle als Buchautor: „Nicht, dass die allseits bekannten ‚Magneten‘ ihre Strahlkraft nicht verdient hätten. Aber es gibt eben noch etliches Anderes, das es unbedingt wert ist, entdeckt, erlebt, erkundet zu werden.“
Werner’s Intention ist es also, den Tirol-Besucher wie den Einheimischen für so manch weniger beachtete Ecke im Land zu sensibilisieren. Und das macht er gut. Dazu muss man wissen, dass Werner auch als Hobbyarchäologe aktiv ist. Ein Umstand, der seinem Werk zusätzliche Würze verleiht: „Ideal ist es, wenn Landschaft und Natur mit Kultur verbunden sind.“
Werner setzt wieder zu einem rhetorischen Bogen an: Diesmal reisen wir gedanklich vom „b’schriebenen Stein“ im Ellbögener Viggartal – „der hat was von Mystik, darauf steh‘ ich total“ – zur Grotte von Kaiser Maximilian I. (einen seiner erklärten Lieblinge) in der berühmten Martinswand. Und weiter geht‘ ins Fotschertal, ein stilles Seitental des Sellraintals.
„Wusstest du, dass dort schon Steinzeitjäger ihre Sommerlager aufgeschlagen haben?“ Wusste ich nicht. Insgeheim muss ich mir eingestehen, wohl auch zu den „modernen Menschen“ zu gehören, „die solche Dinge leider allzu oft übersehen“. Trotz aller Heimatliebe und Naturverbundenheit.
Interessantes aus allen Bereichen
Das Buch jedenfalls schafft Abhilfe. Übersichtlich listet es 50 besonders sehenswerte Tiroler Orte und auch Erzeugnisse auf: Anhand einer Karte, die zeigt, wo man umgeht und informativen, aber nicht allzu langen Texten. Anhand von Fact-Boxen mit Details zu Anreise, Weblinks und natürlich jeder Menge schönen Bildern. Die beweisen eindrucksvoll, dass er nicht zu viel verspricht. „Die leicht zu bewältigenden Tagestouren machen Lust auf das Unbekannte. Sie sprechen alle Sinne an und werden auch Einheimische und Tirol-Kenner überraschen. Eine besondere Liebeserklärung an ein Land, das mit seiner rauen Schönheit jeden Tag aufs Neue fasziniert“, fasst der Herausgeber zusammen.
„Genau genommen sind es 50 kleine, feine Juwelen, die ein bisschen Politur vertragen würden“, ergänzt Werner. Meiner Meinung nach vermittelt er wirklich gekonnt, dass Tirol eine Vielzahl facettenreicher Geschichten zu berichten hat. Dabei widmet sich der Zurück- und Vor- und gerne auch Querdenker einem bunten Mix an Wissenswertem.
So sind beispielsweise den Steinölbrennern, imperialen Hochgebirgsfischen und dem Tiroler Jakobsweg – einem Paradies für Pilger – eigene Kapitel gewidmet. Thematisiert werden auch Österreichs höchst gelegene und ganzjährig bewirtschaftete Bergbauernhöfe, oder der traditionelle Schaftrieb über einen 3.000 Meter hohen Pass. Erklärungen zu smaragdgrünen Bergseen, technischen Wundern und so manchem Brauchtum wie dem Bergfeuern am Herz-Jesu-Tag runden den Streifzug gebührend ab. Stolz zeigt mir der Autor die dazugehörigen Fotos. Natürlich hat er sie alle selbst geschossen. Werner erzählt Interessantes und rutscht dabei irgendwie von einer Anekdote in die nächste.
Zugegeben: Alle 50 Punkte zu besuchen, wird sogar mir als „Eingeborene“ eher nicht gelingen. Muss es auch nicht. Aber ein wenig schmökern und studieren, darauf freue ich mich. Das Buch ist Inspiration und lädt dazu ein, wieder etwas genauer hinzuschauen.
Bewandert im doppelten Sinne
Zum Abschluss unseres Gesprächs verrät mir Werner noch zwei Dinge. Erstens: Sein persönlicher Favorit ist Grins. Die kleine Gemeinde im Tiroler Oberland ist für ihn dank ihrer rätoromanischen Architektur und den Heilquellen das schönste Dorf Tirols. Den Status der schönsten Stadt der Welt behält für ihn jedoch ganz klar Innsbruck!
Und zweitens: Würde er das Buch jetzt noch einmal neu aufsetzen, würde er möglicherweise schon wieder ein paar andere Dinge mit hinein nehmen. „Ach“, stöhnt Werner, „ich habe mich so schwer getan mit der Auswahl. Es gibt so Vieles, das es verdient hätte, erwähnt zu werden – ich hätte locker noch ein weiteres Buch schreiben können.“ Wer weiß, vielleicht passiert das ja (bald). „Den Titel hätt ich schon im Kopf: Expeditionen in Tirol“, lächelt er, verabschiedet sich und ich bin mir fast sicher, dass er auch am Nachhauseweg von einer Geschichte in die nächste tappt.
Weiterführende Links:
- Erhältlich ist das Buch im gut sortierten Fachhandel und direkt beim Styria-Verlag
- Wissenswertes zum Autor hat unsere Bloggerkollegin Lea Hajner in ihrem Beitrag „Innsbruck Insider“ zusammen gefasst.
- Werner Kräutler betreibt mit „Tirol isch toll“, „Der Tiroler Jakobsweg“, „Die Via Arverna – der uralte Jakobsweg in der Auvergne“ und dem „Via Tolosana“ weiters eigene (Pilger-)Blogs und engagiert sich jeden Sommer auf seiner „Schule der Alm“ im ursprünglichen Tiroler Valsertal.
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Gerne draußen, "dahoam" am liebsten oben auf den Bergen. Vielseitig interessierter Schreiberling mit einem Faible für besondere Menschen und deren Geschichten, Sport und Natur.
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