Innsbrucks Kultur-Sommer ist gerettet. Das Treibhaus taucht aus den Tiefen der drei Lockdowns mit einem Programm auf, das an internationalen Maßstäben gemessen werden kann. Der Mann hinter dem einzigartigen Kulturangebot ist eine lebende Legende: Intendant und Treibhaus-Impresario Professor Norbert K. Pleifer.

Unglaublich: Ich kenne ihn heuer exakt seit 50 Jahren. Als Norbert 1971 erstmals im Internationalen Studentenheim eincheckte, hielt ich grad ein Schwätzchen mit dem Portier. Wie sich bald herausstellte, war der junge Mann mit der selbst-verdunkelnden Brille mein künftiger Zimmergenosse. Was ich mit ihm seither erleben durfte, klingt nicht selten abenteuerlich.

VON EINEM PAPST AUS DER KIRCHE VERJAGT…

Eine Schnurre sei gleich einmal erzählt. Bei einem unserer unzähligen Kurztrips nach Venedig wollten wir als Studenten standesgemäß in einer Kirche übernachten  – selbstverständlich in San Marco.  Wie aus dem Boden gewachsen, tauchte ein Geistlicher auf, der uns nicht nur hinauswarf. Er bot uns im Gegenzug nämlich ein Zimmer im Kloster an. Wer es tatsächlich war, der uns damals der Kirche verwies, erkannten wir erst als er einige Jahre später als Papst auf der Brüstung des Vatikanpalastes auftauchte. Johannes Paul I. höchstselbst hatte uns damals in Venedig eine Nacht in der Kirche erspart.

Dass wir es am nächsten Tag mit den Carabinieri zu tun bekamen, steht auf einem anderen Blatt. KOMM-Mitbegründer Claudius Baumann hatte mit Pleifer gewettet, dass der sich nicht traue, in den Canale Grande zu pinkeln. Es kam wie es kommen musste: Der nachmalige Professor wurde prompt erwischt und verbrachte eine Nacht lang im Arrest. Vielleicht war dies auch die Ur-Idee zu einem der legendärsten Pleifer-Plakate. Nämlich jenem über einen ‚Innschiffer’, der Kultstatus erreichte und in nahezu jeder Studentenwohnung hing.

Ich geb’s zu: Unser Studentenleben in der ersten Hälfte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts war mit dem heutigen in keiner Weise zu vergleichen. Es war von Schnurren durchzogen. Allesamt gut genug, heute in den Häfen (= österreichisch für Gefängnis) zu wandern. Aber auch Material, um ein ganzes Buch zu füllen. So, und nun bemerke ich, dass ich zum  ‘Zeitzeugen’ geworden bin. Schon irgendwie krass.

JUBEL, TRUBEL, TREIBHAUS. ES BEGANN VOR 45 JAHREN MIT DEM ‚KOMM‘

Die sensationelle ‘Auferstehung’ des Treibhauses aus der Finsternis des dritten Lockdowns ist mit einem Jubiläum verbunden. Anders gesagt: 2021 ist ein ganz besonderes Treibhaus-Jubel-Trubeljahr.

Vor genau 45 Jahren gründete nämlich Norbert K. Pleifer zusammen mit Freunden das KOMM in der Josef-Hirnstraße. Aus einem ‚Sichtbetonbunker‘ unterhalb der Mensa wurde damals ein KOMMunikationszentrum der Extraklasse. Jazz-Legenden wie Chet Baker oder der japanische Freejazzer Yōsuke Yamashita – er spazierte gerne auf dem Keyboard eines Flügels – gaben sich die Klinke in die Hand. Allein, der Bunker platzte schon bald aus allen Nähten. Pleifer und seine Mitstreiter übersiedelten in die Anzengruberstraße nach Pradl.

VOR 40 JAHREN: EIN ‚HEIMSTADION‘ FÜR DEN GENIALEN WERNER PIRCHNER UND DEN EINMANN-STAMMTISCH DES OTTO GRÜNMANDL

In Pradl wurde dann jener Name kreiert, der über Österreichs Grenzen hinaus zu einem Synonym für das moderne, das swingende, das künstlerische Innsbruck werden sollte. Um zur Eröffnung ins damals neue Lokal des Vereins ‘Kunstdünger’ eingelassen zu werden, mussten die Besucher eine Topfpflanze als Eintrittskarte mitbringen. Immerhin schmiss das berühmte Vienna Art Orchestra unter seinem Leiter Mathias Rüegg die Premiere. Die Pflanzen verwandelten daraufhin das Café in einen veritablen Dschungel. Als Passanten wissen wollten, ob sie die Pflanzen aus diesem ‚Treibhaus‘ kaufen können, verneinten es die Kulturarbeiter mit dem Hinweis, sie hätten nur Grassamen (!) zur Hand. Aber der Name einer einzigartigen Kulturinstitution war geboren: Das ‚Treibhaus‘ Innsbruck sollte fortan als strahlender Stern am kulturellen Himmel  Österreichs, ja Europas leuchten.

‚Kunstdünger‘ war also der Name des Vereins, der damals das Programm in Pradl schmiss. Werner Pirchner, der geniale Komponist und Vibraphonist war von Anfang an dabei und betrachtete das Haus als sein ‚Heimstadion’. Dazu noch Otto Grünmandl („Politisch bin ich vielleicht ein Trottel, aber privat kenn ich mich aus“), der all seine Programmpremieren in Pradl abhielt. Wie den genialen ‚Einmann-Stammtisch’. Auch er blieb dem Treibhaus zeitlebens verbunden.

In der Erinnerung übrig geblieben sind auch die ständigen Auseinandersetzungen mit den Nachbarn des Pradler Kulturtempels. Die zuckten wegen der vielen Fahrräder aus, die da plötzlich auftauchten und es den parkenden Autos schwer machten. Wie üblich wollte man jugendlichem Übermut mit Verboten zu Leibe rücken und schüttete das Kind sicherheitshalber mit dem Bade aus. Statt eines Radlparkplatzes gab’s sinnigerweise ein totales Mopedfahrverbot in der Anzengruberstrasse. Die ständigen Diskussionen um Lärm, Fahrräder und Grillgeruch gingen den Kulturarbeitern um Norbert Pleifer jedoch derart auf den Geist, dass sie um Alternativen Ausschau hielten.

EINE ‚WALSCHE‘ TRIUMPHIERT AM TIROLER HELDEN-BERG

Den ‚Ritterschlag‘ als Kulturinstitution erarbeiteten sich Pleifer und seine Mitarbeiter mit einem einzigen Konzert am Bergisel. Dort trat 1985 Gianna Nannini im Sprungstadion vor mehr als 20.000 Menschen auf. Die Vorgeschichte dazu ist eine weitere Schnurre.

Es war im Winter 1976, als wir als Zuschauer beim Training zum Olympischen Sprungwettbewerb am Bergisel vor allem italienische Springer anfeuerten. Quasi nebenbei sinnierte Norbert über eher Abwegiges. Wenn da eine Bühne beim ‚Kritischen Punkt‘ stünde könnte das Stadion als Konzertarena genützt werden. Er begann davon zu träumen, dass hier Miles Davis mit dem Rücken zur Nordkette aufträte. Oder der Josef Hader, der auf einem just am kritischen Punkt stehenden Jägerhochsitz vor 20.000 Menschen Lügengeschichten zum Besten gäbe.

Knapp zehn Jahre später setzte er seine ‚Spinnerei’ in die Tat um und überredete  Gianna Nannini zu einem Konzert in der Sprungarena. Heute noch glänzen seine Augen wenn er davon spricht, dass „ausgerechnet eine Walsche uns Nordtiroler am Heiligen Berg der Deutschtiroler gerockt hat“. Eine Veranstaltung, die damals in einer Kulturdiskussion mündete, wie man sie vorher nicht gekannt hatte. Die Politik musste die Jugendkultur endlich anerkennen und die Treibhaus-Krot quasi schlucken. Das Treibhaus und sein Impresario waren dort angekommen, wo sie hingehören: auf dem Thron der zeitgenössischen Kultur unserer Stadt.

Achja, da ist noch etwas erwähnenswert. Pleifer hatte offenbar dem Wojtyla-Papst eine Idee quasi als Steilvorlage geliefert. Der las nämlich drei Jahre später im Stadion eine Messe. Der Unterschied? Während Pleifer ein rot-weiß-rotes Plastik-Absperrbändchen verwendete, ging’s beim Papstbesuch nicht ohne Stacheldraht ab.

VOR 35 JAHREN: DER TURMBAU ZU INNSBRUCK

1986 wurde er dann endlich gebaut, der Kultur-Turm inmitten von Innsbruck. Nach den Plänen seiner Architektenfreunde Rainer Köberl, Raimund Rainer und Gerhard Manzl wurde er einem klassischen Shakespeare-Theater nachempfunden. Was nun begann, war eine wahrhaft sensationelle Entwicklung. Sie prägt das kulturelle Leben und Erleben in Innsbruck bis heute nachhaltig. 

Internationale Stars beehren das Haus und treten mit sichtbarem Vergnügen im Oktogon des Turms auf. Österreichs Kabarettszene richtete sich hier ein wohliges ‚Wohnzimmer‘ ein. Hader, Dorfer, Vitasek, Resetarits und wie sie alle heißen, lieben es, vor Innsbrucker Publikum aufzutreten. Kulturelle Vielfalt und fröhliche Feste sind seither die Zauberworte. Bleibt noch die Frage offen, wie es dem Treibhaus-Intendanten immer wieder gelingt, absolute Weltstars der Musikszene nach Innsbruck zu locken?

Indem er die Lage der Stadt nützt, sagt Pleifer. „Innsbruck liegt auf der Kreuzung zwischen Wien und Paris, Berlin und Rom.“ So einfach ist’s? „Im Prinzip schon. Die sind froh, zwischen Auftritten in den Großstädten einmal in Ruhe verschnaufen zu können. Was alle Stars schätzen, ist die menschliche Wärme, die sie im Treibhaus finden. Viele bezeichnen uns inzwischen als deren ‚Wohnzimmer‘. Dazu dann noch die Nordkette, die sie tief beeindruckt. Für viele ist sie ein Disney-Land in echt. Und schon bleiben sie einige Tage lang in Innsbruck und fühlen sich rundum wohl.“

DOLLAR BRAND – DER LIEBLINGSSTAR DES NORBERT PLEIFER

Einen Weltstar brachte er erst nach viel Recherche und Überzeugungsarbeit nach Innsbruck: Dollar Brand, der sich heute Abdullah Ibrahim nennt. Die älteren Semester erinnern sich noch an eine Ö3-Sendung von Walter Richard Langer, die sich ‚Vokal, Instrumental, International‘ nannte. Als der damals Dollar Brand vorstellte, meinte ein WG-Genosse zu Norbert, dass man diesen Mann unbedingt nach Innsbruck holen sollte. Was dann auch tatsächlich geschah. Und Dollar Brand ist es auch, den Norbert regelrecht verehrt und zu seinen persönlichen Freunden zählen kann.

Vor 20 Jahren wurde das Treibhaus noch einmal umgebaut und um eine ‚Unterwelt‘ erweitert. Mit der Unterkellerung wurde ein Generationen-Projekt quasi abgeschlossen: Oben im Turm die Eltern, bisweilen auch Großeltern, unten im Keller deren Kinder. Die treffen sich dann gemeinsam in der Mitte, um im Restaurant der ‚Weiberwirtschaft‘ Pasta oder Pizza zu genießen.

ZÄSUR PANDEMIE

Selbst in Zeiten der Pandemie hat das Treibhaus farbige Spuren hinterlassen. Unterstützt von hunderten von Menschen, die beim ersten Lockdown nach einem Spendenaufruf des Treibhaus-Intendanten viel Geld spendeten, konnte Pleifer alle seine Angestellten (von der kleinen Kellnerin bis zu den Ton- & Lichttechnikern) weiter beschäftigen und den Musikern Hoffnung machen. Bestärkt vom großen Echo seines Publikums setzte er bereits die nächste Idee um. 

Am 15. Mai 2020 begann er, all die einheimischen Musiker einzuladen, die damals am ‚Hungertuch‘ nagten, denen alle Auftritte und damit ihr Einkommen völlig weggebrochen war. Pleifer versuchte sie „aufzupäppeln“ . Sie erhielten  im Treibhaus Speis und Trank und konnten zwischen den Gängen eines viergängigen Menüs musizieren. Wie durch ein Wunder standen nämlich neben dem mit Tischtuch gedeckten Tisch Flügel, Schlagzeug und andere Instrumente.  Natürlich gab’s für den Auftritt keine Fastensuppe, sondern eine fixe Gage, während der Intendant mit dem Klingelbeutel um freiwillige Spenden für das Treibhaus bat und sich damit zufrieden gab.

SOTTO LE STELLE – ITALIENISCHE NÄCHTE UNTERBRECHEN DIE PANDEMIE

Neben dem Turm in der Innsbrucker Innenstadt – in „gefährlicher Nähe zu Landestheater und zum Dachl“  (Pleifer) – schuf sich der Impresario vor 25 Jahren noch ein anders Standbein. Er bespielte den Innsbrucker Sommer:  Immer wenn es dunkel wird unter den Sternen, ‘Sotto le stelle’. Lange bevor Kino unter Sternen zur Mode wurde, hatte es Pleifer für Innsbruck schon erfunden. In Dietmar Zingl und Walter Groschup vom Cinematograph/Leokino fand er kongeniale Partner in der Umsetzung. 

Seit 1995 (!) haben mehrere zehntausend Filmfreunde und noch mehr Freundinnen ihre Sommerabende im historischen Ambiente des ehemaligen Waffenlagers von Kaiser Maximilian verbracht. Haben gemeinsam geweint, gezittert, gefroren, gelacht. 25 Jahre lang verbrachte Pleifer den August quasi Tag und Nacht und Jahr für Jahr als Filmvorführer und Sternputzer im einstigen Waffenlager des Kaisers.

COVID VERDUNKELTE DIE STERNE

Im Sommer 2020 wurde es allerdings  dunkel – Corona hatte sich auch schwer über das Innsbrucker Open-Air-Kino gelegt. Pleifers Sommertraum war bereits abgesagt. Aber es wäre nicht der sture Oberlandler aus Nauders, wenn der das Feld räumen würde. „Das geht nicht. Wer erzählt uns ausgerechnet heuer die Gute-Nacht-Geschichte“, meinte er und erfand sein Baby neu. 

Ok, das Baby war schon 25 Jahre alt. Dennoch wurde es zu dem vielleicht spektakulärsten kommunikativen Ereignis, seit er 25 Jahre zuvor das ‚Kino unter Sternen’ erfunden hatte. Es wurde genau das, wovon Pleifer immer geträumt hatte. „Ich machte mir selbst das größte Geschenk“, gibt er zu. „Denn endlich hatte ich meine Traumfabrik, von der ich in all den Tagträumen geträumt hatte“. Das Thema war rasch gefunden, denn Italien war 2020 als Reiseziel definitiv ausgefallen. Er holte also Italien nach Innsbruck, italienische Musiker und Ensembles, die jeden Abend mit einem Konzert einstimmten. Die ungeheure Bandbreite italienischer Filmklassiker von Fellini bis Celentano wurde in den Himmel der Innsbrucker Sommernächte projiziert. Filme, die die Sehnsucht nach dem ‚Land, wo die Zitronen blühen’ und dem “dolce vita” heftig schürten. 

Leider war es quasi die kulturelle Supernova, die im vergangenen Jahr leuchtete und anschließend verglühte. Nach 25 Jahren verlässt Pleifer das Open Air Kino und überlässt es dem Nachwuchs vom Leokino. „Nach 25 Jahren ist das keine Kindesweglegung mehr”, sagt er in Richtung der bedauernden Filmfans.

EIN LEERSTUHL FÜR PROFESSOR NORBERT K. PLEIFER

Im Nachhinein betrachtet, war die letzte Ausgabe des Pleifer’schen Open-Air-Kinos noch so etwas Ähnliches wie eine nachträgliche Habilitation. 2018 verlieh ihm Bundespräsident Alexander Van der Bellen den Berufstitel Professor. Als Pleifer davon erstmals erfuhr, deckte er sich erst einmal mit Schwedenbomben ein, die er auf der Stelle verdrückte. „Danach hab’ ich wenigstens gewusst, weshalb mir schlecht war“, witzelt er. Dass es dann ausgerechnet Landeshauptmann Günther Platter war, der ihm in Vertretung des Bundespräsidenten den Titel verleihen musste – übrigens eine der höchsten Berufsauszeichnungen, die die Republik vergibt – war eine feine Ironie. Damit wurde Pleifers jahrzehntelanges Engagement als kritischer Geist und Kulturarbeiter gewürdigt. Dass ihn das Establishment nun urplötzlich lobte, war die andere Seite der Medaille. 

Schade, dass das seine Mutter nicht erleben durfte! Norbert hätte als Studienabbrecher in Theologie und Philosophie seiner Mama eindrucksvoll belegen können, dass man den Doktor auf dem Weg zum Professor auch überspringen kann. Dass seine neue, hochoffizielle Berufsbezeichnung nicht vor Strafe schützt, musste er gleich einmal erleben. Als er an einem Wochenende in seinem Heimatdorf Nauders in eine Radarfalle geriet, wurde er von einem Polizisten zur Seite gewunken. Grüß Gott, Herr Pleifer, hieß es. Man kennt ihn also noch. Aber das war schon alles. „Professor Pleifer, bitte. Soviel Zeit muss sein“, meinte er in bestem Kabarettstil. Genützt hat’s nix. 15 Euro für’s Schnellfahren waren fällig. 

PROFESSOR DER PLAKATKUNST

Apropos Professor: Ich hatte nicht gewusst, dass eine Berufs-Titelverleihung mit echten und massiven Hürden verbunden ist. Da musste eine Universität eine Expertise für den Bundespräsidenten anfertigen. In Pleifers Fall war dies das Mozarteum in Salzburg. „Sie haben bei mir angefragt, ob ich ihnen eine Mappe meiner Arbeiten der letzten Jahrzehnte zusammenstellen kann. Da ist mir erst aufgefallen, wie viel das eigentlich ist”, erläutert Pleifer. 

Berühmt ist das Treibhaus nämlich nicht allein ob des einzigartigen Kulturprogramms. Hunderte von Plakaten, die Norbert Pleifer in den 45 Jahren gestaltet hat, sind mehr als nur Programmhinweise. Sie sind Kunst. Seine Überlegung war indes eine andere: Wenn die Plakate in den Studentenbuden hängen, müssen sie nicht mehr in der Stadt affichiert werden. Logo. Stolz ist er darauf, dass es „kaum ein WG-Klo in Innsbruck gibt, in dem nicht eines meiner Plakate hängt. Das allein ist auch mir eigentlich Auszeichnung genug“.

AN EINER DEPRESSION ENTLANG ‚GESCHRAMMT‘

Selbst der Professortitel konnte nicht verhindern, dass er beim dritten Lockdown an einer Depression entlang geschrammt sei, sagt er. Seine ‚Winterolympiade‘, eine Veranstaltungsserie, die Ende 2020 ausschließlich im Freien geplant war, lief nämlich fantastisch an. Kein Wunder, wie er meint: „Wir sind es in Tirol ja gewohnt, warm angezogen stundenlang Ski zu fahren oder lang zu laufen. Da ist es locker möglich, Kultur auch im Winter im Freien zu genießen.“ Die akribische Programmplanung lief jedenfalls bis in den März 2021, enthielt Revivals wie das Jazzfrühstück und das Kindertheater. Russische Mäntel der Mitarbeiter regten die Fantasie an. Und dann das abrupte Ende am 2. November 2020. Der Dritte Lockdown fraß alle Planungen und Mühen regelrecht auf.

„Ich fühlte mich im Stich gelassen“, sagt er. Wörter wie ‚Planungssicherheit’ kann er seither nicht mehr hören. Das Ankündigungstheater österreichischer Politiker ließ ihn im heurigen Frühjahr knapp an einer Depression entlang schrammen. Er wartete heuer mit der Organisation des Kultursommers bis die Öffnung aus dem Lockdown auch tatsächlich fest stand.

Wie stampft man eigentlich ein derart hochwertiges Sommerprogramm aus dem Boden? „Ich hab an all meine Kumpels ein Mail geschrieben. ‚Aufwachen‘ habe ich denen geschrieben, ‚kommt nach Innsbruck, um ein Abenteuer zu bestehen‘. Wir müssen die schlafende Prinzessin im Treibhausturm wecken“. Und so entstand ein Programm, das nicht nur einmalige Künstlerinnen und Künstler nach Innsbruck bringt. Es sind die täglichen Aufführungen, die das legendäre Kulturzentrum im Herzen der Stadt wieder als das ausweist, was es vor der Pandemie war: das kulturelle Herz Innsbrucks.

Wenn ich als Freund ein Loblied auf das Treibhaus und seinen Impresario singe, ist das eine Sache. Eine andere  ist dieser Text, der vom großen Alfred Dorfer stammt. Ein wunderschönes Kompliment an eine Institution, die Innsbruck in den letzten vier Jahrzehnten nachhaltig verändert hat:

ICH KENN KEINEN PLATZ

Ich kenn keinen Platz in ganz Österreich, der so einmalig und bunt ist wie das Treibhaus in Innsbruck.

Wo Mütter und Kleinkinder, Jazzstars und Nachwuchsmusiker, Punks und Primarärzte, Schauspieler und Zeitungsleser ein- und ausgehen.

Wohlgemerkt: mit Respekt voreinander.

Üblich sind die Kabarettlokale. Dort sind die Kabarettisten mit ihrem Publikum.

In den Jazzclubs sind die Jazzer unter sich.

Die Mütter sind entweder daheim oder auf dem eingezäunten Kinderspielplatz.

Das Treibhaus dagegen ist alles in einem und noch viel mehr:

Ein einmaliger Spielplatz für kleine und für große Menschen.

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