Ob in der freien Natur oder in irgendeinem freundlichen Winkel städtischen Kulissenbaus: Da wie dort gibt es besondere Plätze, offene oder in sich geschlossene Räume, die von Menschen mitunter als spezielle Orte von großer Anziehungskraft wahrgenommen werden. Also Orte und Plätze, wo man Kraft schöpfen, geistige Inspiration, positive Impulse und geistige Zerstreuung finden kann.

Dem Geheimnis gleich zweier kulturgeballter Stadtzentren widmet sich die renommierte Innsbrucker Journalistin und Buchautorin Susanne Gurschler in ihrer jüngsten Publikation „Zwei Bühnen, achtmal Kultur“, welche kürzlich im Tyrolia Verlag erschienen ist.

Die mit stimmungsvollen Fotografien von Günther Richard Wett illustrierte, grafisch äußerst ansprechend gestaltete Broschüre widmet sich dabei den Geschichten rund um die Entstehung „vom Theater am Landhausplatz bis zum Brux und vom Kellertheater bis zum Fotoforum West.“

Susanne Gurschlers informative und kurzweilige Zeitreise beginnt in den spannenden Apriltagen des Jahres 1971, als das neu gegründete Theater am Landhausplatz mit Wolfgang Bauers Bühnenstück „Changes“ für Aufregung sorgte. Bereits zuvor hatte sich der studierte Germanist und engagierte ORF-Mitarbeiter Josef Kuderna mit seiner Theatergruppe mächtig ins Zeug gelegt, um Bauers skandalumwittertes Stück auf die Bühne zu bringen. Denn ursprünglich plante man das Stück im Zentrum 107 in der Innstraße aufzuführen, aber … „Der Hausherr, ein katholischer Verein, hat uns gesagt: Wenn ihr das Stück spielt, dann müsst ihr gehen. Darauf hin sind wir gegangen.“ (Seite 13) Wohin? – In die Wilhelm-Greil-Straße 23, wo man schließlich im ersten Stock in einem Raum hinter den Kammerlichtspielen die besten Voraussetzungen für ein eigenes Theater fand. „Changes“ wurde erfolgreich aufgeführt, und endlich fegte ein von den jungen Theaterleuten so sehr herbeigesehnter frischer Kultur-Wind durch Tirols Landeshauptstadt.

Auch mit der gewagten Inszenierung von Peter Turrinis “Rozznjogd” im Herbst 1972, bewiesen die ambitionierten Theatermacher rund um Kuderna das richtige Gespür für ihre Zeit, landeten beim Publikum einen Volltreffer und konnten am Ende auf fast 200 Aufführungen und Gastspiele in mehreren Tiroler Bezirken und Südtirol zurückblicken. 

MODERNES AVANTGARDETHEATER

Theatergeschichte(n) im Aufbruch in einer spannungsgeladenen Zeit, in denen durch intellektuelle Reibung die Funken sprühten. So erinnert sich auch etwa Klaus Rohrmoser rückblickend an jene Tage: „Die freie Szene war politischer. Sie war gegen alles, was nach bürgerlicher Hochkultur roch. Sowohl im Theater am Landhausplatz als auch später im Kellertheater wurde intellektuell gestritten, was Theater muss, was Theater kann. Das war viel herausfordernder als heute.” (Seite 16).

INTERAKTIVE MUSEUMSSCHAU

Nachdem das Theater am Landhausplatz (heute Eduard-Wallnöfer-Platz) im Jahr 1982 schließlich seine Pforten schloss, übernahm das Cineplexx und darauf folgte, bzw. bespielte das com./in mit “Dialog im Dunklen” das Areal. Schließlich adaptierte die Stadt Innsbruck zwei Stockwerke für das von der Firma MED-EL initiierte Science-Center Audioversum. Diese interaktive Museumsschau bietet großartig inszenierte Installationen rund ums Thema Hören. Und als im Keller das von der Off-Szene lang geforderte Freie Theater Innsbruck einzog, schloss sich damit auch wieder der Kreis rund um die Bretter, die die Welt bedeuten.    

Aber auch am Adolf-Pichler-Platz tat sich Ende der 70er Jahre einiges. 1979 eröffnete mit der Galerie Krinzinger, dem Forum für aktuelle Kunst und dem Kellertheater, ein Kunst- und Kulturzentrum für Zeitgenössisches. Und wiederum fanden die hier stattfindenden Ausstellungen, Aufführungen, Workshops und Symposien über Tirols Landesgrenzen hinaus international große Beachtung und künstlerische Anerkennung.  

KULTURPLÄTZE IM WANDEL DER ZEIT

So bietet Susanne Gurschlers spezifische Recherche rund um die Häutungen zweier Innsbrucker Kulturstätten historische Fakten, feinsinnige Anekdoten. Sie lässt in Interviews Zeitzeugen zu Wort kommen und vermittelt zudem Wissenswertes über Entstehung und weiteren Werdegang außergewöhnlicher Kulturstätten, wie jenes des Audioversum, des Brux, des von Fritz Prior ins Leben gerufenen Forums für aktuelle Kunst, der Galerie Krinzinger, des Kellertheaters, des Fotoforums West bis hin zur imposanten Sammlung von Grafiken und Gemälden im Antiquariat Tausch

Zwei Bühnen, achtmal Kultur“ von Susanne Gurschler, Tyrolia Verlag, 2021. Mit einer Fotoreportage von Günther Richard Wett. 72 Seiten, 18 Euro.

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